Rezension von Vegetationsbrandbekämpfung aus der Reihe Technik – Taktik – Einsatz
Zwischen 2019 und 2020 fiel in Australien eine Fläche von 126.000 km² einer beispiellosen Serie von Buschfeuern zum Opfer. Das entspricht annähernd einem Drittel der Fläche Deutschlands! Die um die Welt flackernden Fernsehbilder schockten die Weltbevölkerung und offenbarten das Ausmaß der bevorstehenden Veränderungen des Weltklimas. Andererseits betonten deutsche „Offizielle“, dass dieses Ausmaß in unseren Breitengraden ausgeschlossen sei – oder im Sinne des Soziologen Ulrich Beck formuliert: Die direkte Erfahrbarkeit fehlt und damit entsteht kein Handlungsdruck. Die Extreme des Jahres 2021 ändern möglicherweise etwas.
Lithium-Ionen-Akkus stecken in einer
Vielzahl von elektrischen Geräten und stellen die Feuerwehr bei der
Brandbekämpfung bisweilen vor Probleme. Dabei sind Brände von Lithium-Ionen-Akkus
ebenso beherrschbar, wie jeder andere Brand auch. Der DFV und die AGBF haben eine
aktualisierte Fachempfehlung erarbeitet. [Link]
Die Feuerwehr München hat außerdem ein kurzes Erklärvideo mit den wichtigsten
Punkten rund um das Thema erstellt.
Rezension von Cimolino et al. Brandbekämpfung in besonderen Lagen
„(N)icht (mehr) jede Feuerwehr (wird) alles machen oder leisten können“ (S. 9), schreiben die Autoren zu Beginn der SER. Keineswegs wollen die Autoren damit die Legitimität einiger Feuerwehren infrage stellen, sondern sie zeigen, dass es „besondere Lagen“ gibt, die spezielle Taktiken und vor allem spezialisierte Geräte benötigen, um deren Herr zu werden. Besondere Lagen operationalisieren Cimolino et al. hinsichtlich des schwierigen Zugangs zum Brandherd, der Brandbekämpfungsdauer im Verhältnis zur Brandgröße und der örtlich nicht begrenzten Wahrscheinlichkeit des Auftretens.
Verschiedene Brandbekämpfungsmethoden und –techniken stellen die Autoren mit ihren Vor- und Nachteilen vor. Dabei leiten sie schnell über zu spezialisierten, über den Alltag hinausgehende Methoden, und hier insbesondere dem COBRA-System, welches in Deutschland eher als Schneid- denn als Löschsystem angesehen wird, gleichzeitig ist aber diese Doppelfunktion für die Brandbekämpfung von enormem Vorteil. More →
Das Feuerwehr Weblog berichtete 2015 über den Plan der Dubai Civil Defence ihr Portfolio an Rettungsmitteln, um Jetpacks zu erweitern. Auch wenn man von der Umsetzung des Plans in dem technikverliebten Wüstenstaat noch entfernt scheint, verfügen die Rettungskräfte des Emirats seit kurzem über ein ähnliches, nicht weniger spektakuläres Transport- und Brandbekämpfungssystem für seine Feuerwehrleute: das Dolphin System.
Dolphin ermöglicht es den Einsatzkräften die Einsatzorte auf dem Wasserweg zu erreichen und von dort zu bekämpfen. Ein von der Dubai Civil Defense veröffentlichtes Video zeigt die Bestandteile des Systems, das aus einem Jetski, einem Jetpack und einem Feuerwehrschlauch besteht. Der Jetski erlaubt es den Feuerwehrleuten, den Fluss anstelle der Straßen zu benutzen, um zum Brandherd zu gelangen. Damit vermeidet man die verkehrsreichen Straßen und verkürzt die Eintreffzeiten. Das wassergetriebene Jetpack startet den Feuerwehrmann und den Schlauch in die Luft, sodass sie Brücken, Boote und sogar Gebäude entlang der Küste erreichen können. Weil das System auf der Nutzung von Wasser basiert, kann der Fluss als unbegrenzte Wasserquelle herhalten. [Futurism.com]
Abgefahren? Sicherlich! Allerdings braucht es, denke ich, etwas Übung, bis ein Feuerwehrmann sich auf dem Jetpack halten kann. In Deutschland vorstellbar? Eher nicht! Warum? Da fällt mir spontan zunächst die UVV ein. Aber es gibt sicherlich noch mehr Gründe.
Feuerwehrleute vertrauen beim Vorgehen im Innenangriff auf ihre erlernten Routinen, ihre Ausbildung und vor allem auf ihr Sinne und Instinkte. Technische Hilfsmittel wie Wärmebildkameras ergänzen dies mittlerweile. Dass Big Data auch für den Innenangriff relevant sein kann, zeigt das NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena/Kalifornien (USA): Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) will man die Feuerwehrleute durch die Flammen lotsen.
Aufgabe der KI ist es Daten von Temperaturen, Gasen und anderen Gefahrenmerkmalen zu sammeln, auszuwerten und in Form von Empfehlungen auf einem mobilen Gerät oder auf einem am Kopf montierten Display anzuzeigen. Ferner behält die KI das komplette Team im Auge und gibt Vorschläge, wer was machen könnte. Die Kopplung mit dem „Internet der Dinge“ soll Daten angrenzender Räume ebenso erfassen, wie tragbare Sensoren an der Kleidung der Einsatzkräfte und Satellitenbilder etc. Kurz: Alle Daten die relevant sein könnten sollen erfasst werden.
Dadurch erhofft man sich ein besseres und vor allem schnelleres Lagebild, um gefährliche Situationen zu vermeiden.
Die AUDREY genannte KI (Assistant for Understanding Data through Reasoning, Extraction, and sYnthesis) ist Teil des vom amerikanischen DHS initiierten NGFR-Programms (Next Generation First Responder), welches Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst bei der Wahrnehmung der Einsatzumgebung unterstützen soll. [NASA JPL: A.I. Could Be a Firefighter’s ‚Guardian Angel‘]
Auf Futurism.com bin ich über ein Video gestolpert, das eine alternative Methode der Brandbekämpfung zeigt: Mit einer Explosion Feuer löschen.
Um einen Brand zu löschen, kühlt man entweder das Brandgut unter die Brenntemperatur, entfernt den brennenden Stoff oder man entzieht den Sauerstoff. In der Praxis erledigen wir den letzten Punkt mit Löschdecke oder Schaumteppich. Prinzipiell kann man den Sauerstoff auch schlagartig durch eine Explosion verdrängen und damit ein Feuer zum Verlöschen bringen. Also, so ähnlich wie Kerze auspusten, nur im XXL-Format. Der wohl berühmteste Feuerwehrmann der Welt, der Amerikaner Paul Neal Adair, wendete dieses Prinzip nach dem Zweiten Golfkrieg 1991 auf die brennenden, kuwaitischen Ölquellen mit Erfolg an.
Die Forschung in dem Bereich geht übrigens weit über Ölquellen hinaus: So experimentiert(e) man in Australien und Griechenland mit Sprengstoff im Kontext von Waldbränden. Auch in Deutschland wurde das Sprenglöschverfahren durch den Frankfurter Feuerwehrchef Reinhard Ries erforscht.
Fast mag der geneigte Fachleser irritiert fragen, wie es möglich (und ob es sinnvoll) ist, über das D-Rohr weit über hundert Seiten zu schreiben, doch schon im Vorwort stellt de Vries klar, dass das D-Rohr in den deutschen Feuerwehren stark unterschätzt wird und sich sein Nutzen erst langsam in der Praxis zu zeigen beginnt – ganz im Gegensatz zu anderen Ländern (und der deutschen Vergangenheit). Ausgehend von fehlender Ausbildungsliteratur über das D-Rohr will de Vries eine Lücke schließen und bietet mit dem Buch „Einsatz von D-Leitungen. Ausbildung und Praxis“ aus der Reihe Fachwissen Feuerwehr eine Abhandlung „in ingenieurswissenschaftlicher Qualität“ (S. 5) an. More →