Innenangriff

„Jede Löschmethode ist nur so gut, wie der StrahlrohrfĂŒhrer“

Rezension von Cimolino et al. von Innenangriff aus der Reihe: Technik – Taktik – Einsatz

Das als Überschrift dieser Rezension benutzte Zitat aus dem Buch „Innenangriff“ bringt das Ziel der Publikation auf den Punkt: Hilfestellung fĂŒr eine korrekte Ausbildung. In Abwandlungen wiederholen die Autoren diese Aussage, da eine in Wissen und Können feststellbare Diskrepanz bei deutschen Feuerwehren herrsche. „Innenangriff“ versucht deshalb insbesondere Fortgeschrittenen eine Übersicht ĂŒber den aktuellen Stand der Technik und der wissenschaftlichen Forschung zu geben. Das ist der inhaltliche Unterschied zu einer Ă€hnlichen, Ă€lteren Publikation der Autoren.[1] Zugleich bemĂŒhen sich die Autoren den Umfang auf das Wesentliche zu konzentrieren und den Eindruck einer rein wissenschaftlichen Abhandlung zu vermeiden. Deutlich schreiben sie, dass praktisches Wissen und Training Voraussetzung fĂŒr das VerstĂ€ndnis des Buches sind.

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Tech-Watch: Im Auge behalten

Wie die Feldtheorie Feuerwehrleuten helfen kann

Der Verlust der Orientierung ist einer der hĂ€ufigsten Ursachen von (tödlichen) AtemschutzunfĂ€llen (vgl. FWNetz: Man muss ĂŒber UnfĂ€lle reden, um daraus lernen zu können). Rauch und Dunkelheit fĂŒhren zum Verlust der Wahrnehmung von GrĂ¶ĂŸen und Distanzen. WĂ€hrend außerhalb von GebĂ€uden mittels GPS eine relativ genaue Angabe der Position möglich ist, gestaltet sich das AufspĂŒren von Personen (Feuerwehrangehörigen) und bisweilen auch die Kommunikation in GebĂ€uden eher schwierig.

Das NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena/Kalifornien (USA) hat ein System entwickelt, das Personen im Inneren von GebĂ€uden genau erfassen kann. POINTER (Precision Outdoor and Indoor Navigation and Tracking for Emergency Responders), so der Name des Systems, nutzt quasi-stationĂ€re Strömungsfelder (siehe Wikipedia). Im Gegensatz zu Radiowellen oder Radar, die reflektiert werden, verhalten sich Strömungsfelder nicht wie Wellen und bieten sich deshalb fĂŒr Navigations- und Ortungsfunktionen an.

WĂ€hrend elektromagnetische Wellen konstante Bewegungen ĂŒber die Zeit darstellen, können Strömungsfelder stationĂ€r sein oder sich so langsam Ă€ndern, dass sie stationĂ€r erscheinen (quasi-stationĂ€r oder quasistatisch). Sie können sogar verwendet werden, um die verschiedenen Orientierungen der GerĂ€te zu spĂŒren. Damit lĂ€sst sich eine Verfolgungsvorrichtung konstruieren, die durch Aussendung eines quasi-statischen Strömungsfeldes anzeigt, wo sich die Person in einem Raum befand und wie sie orientiert war. Also ob sich ein Feuerwehrmann bspw. kriechend vorwĂ€rts bewegt oder mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegt.

GrundsÀtzlich hat das JPL das System erfolgreich getestet, arbeitet nun aber an der weiteren Miniaturisierung der GerÀte. [NASA JPL: New Technology Could Help Track Firefighters for Safety]

Tech-Watch: The 6th Sense

Feuerwehrleute vertrauen beim Vorgehen im Innenangriff auf ihre erlernten Routinen, ihre Ausbildung und vor allem auf ihr Sinne und Instinkte. Technische Hilfsmittel wie WĂ€rmebildkameras ergĂ€nzen dies mittlerweile. Dass Big Data auch fĂŒr den Innenangriff relevant sein kann, zeigt das NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena/Kalifornien (USA): Mithilfe von KĂŒnstlicher Intelligenz (KI) will man die Feuerwehrleute durch die Flammen lotsen.

Aufgabe der KI ist es Daten von Temperaturen, Gasen und anderen Gefahrenmerkmalen zu sammeln, auszuwerten und in Form von Empfehlungen auf einem mobilen GerĂ€t oder auf einem am Kopf montierten Display anzuzeigen. Ferner behĂ€lt die KI das komplette Team im Auge und gibt VorschlĂ€ge, wer was machen könnte. Die Kopplung mit dem „Internet der Dinge“ soll Daten angrenzender RĂ€ume ebenso erfassen, wie tragbare Sensoren an der Kleidung der EinsatzkrĂ€fte und Satellitenbilder etc. Kurz: Alle Daten die relevant sein könnten sollen erfasst werden.

Dadurch erhofft man sich ein besseres und vor allem schnelleres Lagebild, um gefÀhrliche Situationen zu vermeiden.

Die AUDREY genannte KI (Assistant for Understanding Data through Reasoning, Extraction, and sYnthesis) ist Teil des vom amerikanischen DHS initiierten NGFR-Programms (Next Generation First Responder), welches EinsatzkrĂ€fte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst bei der Wahrnehmung der Einsatzumgebung unterstĂŒtzen soll. [NASA JPL: A.I. Could Be a Firefighter’s ‚Guardian Angel‘]

Unser Standard (New York)

Knapp 10 Minuten extrem interessantes video. Vor Allem deshalb, weil „Zimmerbrand 1.OG“ bei uns in D oft als Standardeinsatzregel verwendet wird. Hier lĂ€sst sich sehr gut sehen, wie die Taktik „dort drĂŒben“ sich von unserer unterscheidet. Leider fĂ€ngt das Video nicht alle relevanten Details auf, aber es kann genĂŒgend Information gewonnen werden, um einen Eindruck zu bekommen. Ab ca. 05:00 (meine ich) kommt Wasser aufs Feuer, das sind keine dreieinhalb Minuten nach Ankunft der Engine. More →

Feuer und Rauch lesen lernen

Buchbesprechung von BrandbekÀmpfung im Innenangriff aus der Reihe Einsatzpraxis (mit Buchverlosung)

Buchcover BrandbekĂ€mpfungIn gewohnt kritischer aber sachlich fundierter Art und Weise bereiten die Autoren des Bandes „BrandbekĂ€mpfung im Innenangriff“ eine komplexe und mit vielen Fehldeutungen behaftete Angelegenheit verstĂ€ndlich und praxisrelevant auf.

Schwere BrĂ€nde in GebĂ€uden nehmen zwar insgesamt ab, gleichzeitig ist eine neue, gefĂ€hrliche qualitative VerĂ€nderung festzustellen, die von den Feuerwehren tieferes Wissen ĂŒber die chemisch-physikalischen VorgĂ€nge im Brandraum und folglich eine optimale taktische Reaktion erfordert. Viele der Aspekte, welche die Autoren ausfĂŒhrlich beschreiben, mĂŒssen sich einige Feuerwehren erst bewusst machen, und ihre Ausbildung und Taktik entsprechend anpassen und ergĂ€nzen. Intention der Autoren ist es daher, dem „Halb- und Unwissen“ in den Feuerwehren in puncto Innenangriff und der dort auftretenden BrandphĂ€nomene zu begegnen, dabei gleichzeitig den Stand der Wissenschaft und Technik darzustellen und die Begrifflichkeiten eindeutig und nachvollziehbar zu operationalisieren. More →

Video: Personenrettung im Innenangriff

 Sehr intensives Video – drei Minuten von Ankunft (zweites Fahrzeug) zur Rettung. Sieht aus wie ein Kind, und ich hoffe instĂ€ndig, dass es ĂŒberlebt hat.

Was mir in den Sinn gekommen ist: wĂŒrde es sich um einen verunfallten FA handeln, wie wĂŒrdet ihr das lösen? Gerade im Hinblick auf Notfallmanagement wird hier und da dogmatisch auf sofortige Rettungsmassnahmen gepocht, also anlegen einer Maske etc.

Ich unterstelle aber jedem, dass er hier genauso gehandelt hĂ€tte: Kameraden raus und dann versorgen. Wie man sieht, sieht man nix – ich wĂŒrde mir nicht zutrauen, in der Suppe mit solchen Massnahmen anzufangen.

[Edit: das Video ist nicht neu, wurde bereits bei Innenangriff vorgestellt]

Eng

Manchmal wird ja gesagt, dass sich in Deutschland zu viele Feuerwehrleute an den Einsatzstellen tummeln. Ganz im Gegensatz zu den USA, wo der Erstangriff auch mal mit vier Mann gestartet wird.

In dem unten verlinkten Video (einbetten ging leider nicht) wurde aber das Feuer auch eher durch die Masse an Feuerwehrleuten ausgetreten als gelöscht.

Selbst im Innenangriff ist es eng. Man kann sich ja kaum bewegen ;-)

Helmkamera-Video

Edit 27.04. – 9.00 Uhr: Ich hatte das Video bei Dave Statter gefunden. Mittlerweile ist es bei Youtube „privat“.

Wind und Feuer: Erkenntnisse

Dass Wind Feuer entfacht, dĂŒrfte recht einleuchtend sein. Die Mischung aus HochhĂ€usern und starkem Winddruck wurde in in dieser FWnetz-Reportage ausfĂŒhrlich behandelt. Das National Institute of Standards and Technology (NIST) hat sich nun eines weiteren tödlichen Einsatzes angenommen, bei dem Wind eine Rolle spielte. Die Zusammenfassung ist hier zu lesen, der Bericht als PDF hier abrufbar.

Bei einem Feuer in einem ebenerdigen GebĂ€ude waren zwei Feuerwehrleute im Innenangriff ums Leben gekommen. ZunĂ€chst empfiehlt sich die LektĂŒre der Seiten 3-8, um das Geschehen ĂŒberhaupt verstehen und einordnen zu können. Ich finde solche Berichte immer sehr erdrĂŒckend – was hier auffĂ€llt, ist wie schnell das Ganze geschah. Alarmierung 12:08, Ankunft 12:13, 12:14 Beginn Innenangriff [Anm. mit Preconnects ist das möglich], 12:22 Innenangriff wird aufgegeben, 12:46 Feuer aus. BedrĂŒckend auch wie nah die Verstorbenen an ein rettendes Fenster waren.

Dieses Szenario wurde in zwei verschiedenen Versionen im Rechner simuliert: einmal ohne, einmal mit Wind. Bei letzterem ging man davon aus, dass eine große, dem Wind exponierte GlasflĂ€che schlagartig zu Bruch ging. Das Resultat waren so genannte „Flows“, also Fluss von extrem heissen Gasen. Einer dieser Flows ging ĂŒber die Angriffsleitung hinweg, schnitt der Mannschaft somit den RĂŒckweg ab. Sie verließ ihr Rohr und ging sozusagen in ihr Verderben.

Es sind viele Faktoren im Spiel, aber fĂŒr die Praxis ĂŒbersetzt bedeutet dies, dass BrĂ€nde in Kombination mit Wind zu extrem erhöhter Vorsicht gebietet, ĂŒbrigens auch (und rein subjektiv) ein Argument fĂŒr Strahlrohre mit richtig hohem Durchfluss fĂŒr solche NotfĂ€lle.

(Bild: NIST)

 

Uppsala, Schweden: Übung Innenangriff in BSA

Den wollte ich schon lĂ€nger nachreichen: eine von Jimmy (Heavy Rescue Sweden) kommentierte Übung der Feuerwehr in Uppsala. Zu sehen das erst eintreffende HLF mit 1/4. Ein Zweiertrupp in den Innenangriff, dazu ein Safety mit eigener Leitung. Beide Leitungen 90m, 40bar (glaube ich). Da Übung, geht man das Ganze sehr entspannt an. Das System ist auf jeden Fall auf Geschwindigkeit aufgebaut.

Das ÜbungsgelĂ€nde ist in dieser Form an vielen Orten in Schweden zu finden – wenn auch alles dĂŒnn gesĂ€t ist, die Möglichkeiten sind wirklich klasse, die QualitĂ€t der Aus- und Fortbildung sehr hoch.

Distanzmarker an HD-Leitung

Polemische Kommentare zu Hochdruck und formfest im Innenangriff werden gelöscht oder gar nicht erst zugelassen.