Eine Kolumne von Stefan Cimander

Zwei Feuerwehrleute bekämpfen einen Autobrand

„Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“ schimpfte Ranger im Film „Der Schuh des Manitu“, als er zusammen mit Abahachi an einen Marterpfahl der Schoschonen gefesselt, dort die Nacht verbringt. „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“ offenbaren ebenso viele freiwillig der Feuerwehr angehörenden in Bezug auf ihre ehrenamtliche Tätigkeit.

Unzufriedenheit ist ein „Zustand, in dem man mit dem Gegebenen, den Verhältnissen und Bedingungen, dem Vorhandenen und Erreichten nicht einverstanden ist“. Gut, das Unzufriedensein ist zutiefst subjektiv. Subjektiven Eindrücke lassen sich objektiv darstellen, indem die Aspekte, die zur Unzufriedenheit führen, sortiert und gruppiert werden. Dabei kommen stets die gleichen Punkte zur Ansprache, unabhängig davon, in welchem Jahrzehnt der Fragende nach den Ursachen der Unzufriedenheit frägt:

  • Kommunikationsdefizite
  • mangelnde Wertschätzung durch Politik und /oder Bevölkerung
  • fehlende Fach- und Sozialkompetenzen
  • Generationenkonflikte
  • Verhaftetsein in der Tradition
  • Konflikte zwischen Haupt- und Ehrenamt
  • fehlende Motivation

Kommunikationsdefizite: Die der Feuerwehr angehörenden reden nicht mehr miteinander, egal ob innerhalb der Mannschaft oder zwischen den Leitenden und der Mannschaft. Statt Dinge zunächst verbal zur Diskussion zu stellen, kommen Anweisungen in schriftlicher Form. Statt Kritik zuzulassen, droht die Keule des Verdammens oder es folgen dienstrechtliche Konsequenzen. Statt sich unter die Mannschaft zu mischen und zuzuhören, ziehen Verantwortliche kommunikative Mauern hoch und grenzen sich ab. Andererseits kommunizieren viele der Feuerwehr angehörenden über soziale Netzwerke und schließen damit andere der Feuerwehr angehörenden (und die die Feuerwehr führenden) aus.[1]

Wertschätzung: In den Augen von so manchem lokalen politisch Leitendem ist die Feuerwehr ein finanzieller Klotz am Bein. Gleichzeitig setzt die Gemeinde die Feuerwehr gern als Back-up für die aus Kostengründen reduzierte Anzahl der Bauhofmitarbeiter ein, schließlich ist die Feuerwehr kostenlos. Fördern und Anerkennen ehrenamtlicher Arbeit finden selten statt, da die Kostenbrille diesen Blick nicht zulässt. Der Bürger sieht in der Feuerwehr eine Einrichtung für diverse Dienstleistungen, die schnell zur Verfügung steht.[2]

Kompetenzen: Über Fach- und Sozialkompetenzen lässt sich trefflich streiten. Zwischen mangelnder Fach- und Sozialkompetenz und autoritärem Verhalten gegenüber der Mannschaft scheint es einen Zusammenhang zu geben.[3]

Konflikt der Generationen: Die „Alten“ gegen die „Jungen“, die Jüngeren streben danach, Verantwortung zu übernehmen, die Älteren geben diese nicht ab. Die Jüngeren besuchen Lehrgänge, die Älteren fühlen sich davon ausgeschlossen. Ganz so einfach ist es nicht, das Thema hat Relevanz und birgt Konfliktstoff. Der Punkt steht, streng genommen, irgendwo zwischen der Frage nach den Kompetenzen oder der Tradition.[4]

Tradition: Viele Feuerwehren wehren sich gegen das Verändern und bleiben einer diffusen, teilweise selbstkonstruierten oder „von oben“ oktroyierten Tradition verhaftet. In der maximalen Ausprägung führt dies zum Überhöhen des Vereinsgedankens, verbunden mit dem entsprechenden Gehabe in der Öffentlichkeit.[5]

Bleibt noch der Konflikt zwischen Haupt- und Ehrenamt. Ich ordne diesen Aspekt den Defiziten bei der Kommunikation und dem Bereich mit den Fach- und Sozialkompetenzen zu. Dieser Konflikt hat zwei Seiten und beide Seiten sollten sich gegenseitig zuhören und versuchen sich in die Situation des jeweils anderen hineinzuversetzen.

Den Punkt Motivation habe ich bewusst ans Ende gesetzt. Fehlende Motivation ist meiner Meinung nach Folge von anderen Missständen. Diese Missstände liegen in den genannten Punkten begründet.

Die Diskussion ist um viele Punkte und Unterpunkte erweiterbar, die eigentliche Ursache für viele der genannten Missstände sehe ich im Faktor Kommunikation. Kameraden reden nicht miteinander, sondern übereinander. Kommunikation findet abgeschottet in der virtuellen Welt statt. Die unpersönliche E-Mail steht über dem persönlichen Gespräche. Statt Vorurteile durch ein gemeinsames Gespräch zu widerlegen, ziehen die Gesprächsteilnehmer verbale Mauern hoch und verschanzen sich dahinter. Statt kritisch zu reflektieren dienen Traditionen als Bollwerk. It’s communication stupid, um einen zentralen Wahlkampfspruch Bill Clintons abzuwandeln. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – eine Ausrede ist das nicht.[6]


[1] Vgl. Matthias Ott: Vom Geben und Nehmen. In: Feuerwehr Weblog vom 07.05.2018.

[2] Vgl. Stefan Cimander: Minenfeld statt Sommerloch. In: Feuerwehr Weblog vom 07.08.2018.

[3] Vgl. Stefan Cimander: Einhundert Prozent ist das Mindeste. In: Feuerwehr Weblog vom 06.06.2017.

[4] Vgl. Ulrich Wolf: Konflikt der Generationen. In: Feuerwehr Weblog vom 05.03.2019.

[5] Vgl. Stefan Cimander: Fahnen, Fanfaren und Feuerwehr. In: Feuerwehr Weblog vom 10.04.2018.

[6] Vgl. Stefan Cimander: „Die Wissenden reden nichts, die Redenden wissen nichts.“ In: Feuerwehr Weblog vom 09.10.2018.