Eine Kolumne von Stefan Cimander
Feuerwehr â freiwillige Feuerwehr â kein Dienst ohne Ereignis, ĂŒber das man sich nicht aufregen könnte. Klar, wo Menschen unterschiedlichen Alters, aus verschiedenen sozialen Milieus mit divergierenden Meinungen aufeinandertreffen, da kracht es verbal einmal, zweimal, dreimal, man findet aber immer wieder zusammen und steht wĂ€hrend des Einsatzes trotz aller Differenzen gemeinsam Seite an Seite. Bisweilen handelt es sich ja bloĂ um Kleinigkeiten, die den Wirbel nicht wert sind. Es gibt allerdings Vorkommnisse und speziell verbale Aussagen in Bezug auf das Ehrenamt Feuerwehr, da könnte ich persönlich an die Decke gehen, die bei mir zugleich Zweifel an der ZuverlĂ€ssigkeit des die Aussage aussprechenden Kameraden wecken, insbesondere wenn nĂ€chstens zusammen im Ernstfall agiert werden muss. Diese ĂuĂerung lautet sinngemĂ€Ă, man mĂŒsse nicht hundert Prozent bringen, weil man Feuerwehr ja schlieĂlich freiwillig mache. Brisanz bekommen solche markigen SprĂŒche insbesondere dann, wenn sie von einer FĂŒhrungskraft stammen.
Weder ein Feuer noch ein Hilfe erwartender Mensch sucht sich aus, ob er von einem hauptberuflichen oder freiwilligen Feuerwehrangehörigen gerettet werden will, er erwartet schlicht und einfach, dass ihm geholfen wird und hierzu ist es unabdingbar, als Feuerwehrmann zu wissen, was ich tue und tun kann. Ăbung (und Engagement) macht den Meister, gerade in der freiwilligen Feuerwehr.
Vor ein paar Monaten schrieb ich in einer Kolumne ĂŒber das moralische Dilemma, sich zwischen den beiden Familien â der Familiengemeinschaft und Feuerwehr â entscheiden zu mĂŒssen, wenn die Sirene lockt, es also konkret zu einer Situation der Hilfeleistung kommt. Anders sieht es natĂŒrlich aus, wenn ein Feuerwehrangehöriger a priori die Ăberzeugung vertritt, nicht alles geben zu mĂŒssen, bedingt durch seinen Impetus. Stichwort: kein Bock auf das Ăben von Knoten und Stichen, keine Lust auf tragbare Leitern, keine Lust auf das Ăben von Handgriffen, weil man das je eh kann oder nie braucht. Wenn das der Fall ist, sollte man sich dringend Gedanken ĂŒber das persönliche Engagement an sich machen, insbesondere dann, je verantwortungsvoller die Funktion. Denn die Folgen des nicht ausreichend vorbereitet seins, können fatal sein und reichen von EigenunfĂ€llen bis hin zum Tod von Kameraden oder desjenigen, der auf die Hilfe der Feuerwehr hofft, und das bloĂ infolge von Inkompetenz, weil man sein Handwerk mangels Engagement und Ăbungsbesuch nicht beherrscht, weil man nicht voll dabei ist und zumindest versucht hat, hundert Prozent zu geben.
Nun lassen sich natĂŒrlich EinschrĂ€nkungen treffen, als âeinfacherâ Feuerwehrangehöriger muss man nicht pĂ€pstlicher als der Papst sein, ohne natĂŒrlich in den Bereich der Inkompetenz abzudriften, man muss bloĂ sich selbst einschĂ€tzen können, was man im Einsatz zu leisten vermag und was nicht. Wenn das Stichwort âTechnische Hilfeleistung Pkwâ lautet, ich jedoch keine Ahnung davon habe, was zu tun ist, dann habe ich logischerweise auf dem zuerst ausrĂŒckenden Fahrzeug nichts verloren. Das muss man sich selbst eingestehen, auch wenn genau das schwer ist. TatsĂ€chlich muss eine FĂŒhrungskraft wissen, wo StĂ€rken und SchwĂ€chen der Mannschaft liegen, sowohl konkret, beim AusrĂŒcken, als auch allgemein, auĂerhalb des Einsatzgeschehens, was die Zusammenarbeit in und mit der Mannschaft betrifft.
Damit sind wir beim eigentlichen Punkt angekommen: der FĂŒhrungskraft, dem Knackpunkt, der ĂŒber Erfolg oder Misserfolg des Einsatzverlaufs verantwortlich ist, der gleichwohl wichtiges Glied im Zusammenhalt der Mannschaft darstellt. Nicht umsonst heiĂt es, der Fisch stinkt vom Kopf her.
Als Mannschaftszugehöriger erwarte ich von den Personen, die die Befehle geben, dass sie wissen, was sie tun. Hierzu muss man wenigstens hundert Prozent bringen, und damit meine ich, nicht nur bei den (Pflicht-)Diensten voll dabei zu sein, sondern sich darĂŒber hinaus faktisch aus eigenem Antrieb mit den Dingen rund um die Feuerwehr zu beschĂ€ftigen. Was nĂŒtzt mir ein GruppenfĂŒhrer, der bei einem Pkw-Unfall mit Beteiligung eines alternativ angetriebenen Kraftfahrzeuges ahnungslos von einem FuĂ auf den anderen tritt? Was bringt ein LöschzugfĂŒhrer, der elementare Dinge der (Menschen-)FĂŒhrung missachtet? Was passiert, wenn eine FĂŒhrungskraft eine zweifelhafte Null-Bock-MentalitĂ€t an den Tag legt?
Im Grunde ist es so, je höher man auf der Funktionsleiter steigt â Truppmann, TruppfĂŒhrer, GruppenfĂŒhrer, ZugfĂŒhrer â desto höher wird die Verantwortung und desto höher steigt die Erwartungshaltung der unterstehenden Mannschaft. Die Kompetenz einer FĂŒhrungskraft zeigt sich nicht nur in Dingen den Einsatz betreffend, sondern in der Tat im kommunikativen Umfeld, im administrativen Bereich und ja, auch in der kollegial-kollektiven SphĂ€re. Und um alle diese Felder beherrschen zu können, muss man hundert Prozent bringen â oder es bleiben lassen. Wer ein Problem hat, einhundert Prozent zu bringen, sollte sich nicht darĂŒber mokieren, wenn das Hauptamt zu Recht mehr Aufgaben ĂŒbernimmt, sondern sollte sich wĂŒnschen, dass das Hauptamt ihm Aufgaben abnimmt. Denn im âMotzenâ scheinen âdie Freiwilligen (FĂŒhrungskrĂ€fte)â einsame Spitze zu sein, im Umsetzen von erforderlichem Feuerwehrwissen scheint es bisweilen zu haken. (sc, 6.6.17).
Off Topic
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