Durch Zufall habe ich gestern in der ARD-Sendung „report München“ den Beitrag „Feuerwehr in Not – Nachwuchssorgen, ein Problem für die Gemeinschaft“ gesehen. Mein erster Eindruck: Gut, dass darüber berichtet wird; gut, dass der Beitrag prominent als Erster gesendet wird; gut, dass der Moderator am Ende des Beitrages an die Zuschauer appelliert, sich zu engagieren. Gefallen hat mir auch, dass die freiwillige Feuerwehr als eine allen Bevölkerungsgruppen offen stehende Organisation dargestellt wird und, im Gegensatz zu anderen TV-Beiträgen, nicht auf dem Gründungsmythos herumreitet, von wegen Freiheit, Gleichheit und Kameradschaft und so. Das war es dann aber auch schon.
Als langjähriger Angehöriger einer Feuerwehr und als Feuerwehrblogger sieht man einen solchen Beitrag mit einer anderen Brille, das will ich gar nicht verleugnen und „klug scheißen“ will ich ebenfalls nicht. Dass man Löschfahrzeug mit Löschzug verwechselt (oder absichtlich gleichsetzt), darüber sehe ich mal hinweg. Um es aber kurz zu machen: Im Grunde fand ich den Beitrag alarmistisch, boulevardesk und indifferent.
Am Beispiel einer kleinen Feuerwehr in Bayern wird das Personalproblem aufgemacht, das sogar in der Auflösung derselben mündet. „Über 2000 Feuerwehren mussten seit dem Jahr 2000 aufgeben“ heißt es Panik verbreitend in dem Beitrag, kein Wort darüber, welche Feuerwehren mit welchem Grund (sich selbst) aufgelöst oder aber fusioniert wurden. Als unbescholtener Zuschauer fühlt man sich nun so richtig unsicher und überprüft Haushaltsrauchmelder, Gartenschlauch und (Lösch-)Eimer.
Wen trifft es? Bisher vorrangig kleinere Ortsteilwehren, die oft mit anderen Wehren der gleichen Gemeinde zusammengelegt werden, denn nicht jede spärliche Ansammlung von Wirtshaus, Werkstatt und Wohngebäude braucht eine eigene Feuerwehr! Das Feuerwehrwesen muss sich auch Fragen zur Wirtschaftlichkeit gefallen lassen. Wie viel Feuerwehr macht überhaupt Sinn? Was kann die (kleine) Feuerwehr leisten? Oder besteht „die Feuerwehr“ nur noch aus reiner Folklore (auch das gibt es in Feuerwehrdeutschland)? Darüber wird kein Wort verloren, im Gegenteil. Im TV-Beitrag löst der Gemeinderat die Feuerwehr schweren Herzens auf. Punkt. Und nun? Brennen jetzt wie einst das alte Rom, München im Mittelalter oder Hamburg in der Neuzeit ganze Dörfer und Städte nieder? Wahrscheinlich ja, weil die Feuerwehr ist aufgelöst, niemand kommt mehr zum Löschen.
Wie nun der Brandschutz in der kleinen, bayrischen Gemeinde in Zukunft sichergestellt wird, darüber verliert man nur nebulös die Worte, dass sich einige Angehörige einer benachbarten Wehr anschließen wollen. Der Brandschutz muss sichergestellt sein, das ergibt sich allein schon aus der im Grundgesetz verankerten Pflicht zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Gibt es nicht genügend Freiwillige, bleibt als Lösung die Pflichtfeuerwehr – kein Wort darüber im Beitrag –, die Sicherstellung des Brandschutzes durch eine benachbarte Feuerwehr (der gleichen Gemeinde) – kein Wort darüber im Beitrag – oder eben die Berufsfeuerwehr.
Was mir ziemlich übel aufgestoßen ist, war die Fixierung auf Freiwillige Feuerwehr hier und Berufsfeuerwehr dort, schwarz oder weiß eben, entweder oder, 1 oder 0. Dazwischen gäbe es nichts. „Es gibt nur 100 Berufsfeuerwehr in Deutschland“, so der O-Ton im Beitrag, die restlichen Gemeinden sind nun also dem Untergang geweiht – so klang das! Die Realität sieht aber anders aus (und wird im Beitrag sogar am Beispiel aus dem Berliner Speckgürtel dargestellt): Es gibt Feuerwehren, mit unterschiedlicher Anzahl an hauptamtlichem Personal, das geht vom Gerätewart bis hin zu einer kompletten Gruppe. Welche Formen es gibt (oder geben kann), hat Christian Fischer vor einiger Zeit in seinem Blogbeitrag „Freiwillig, Hauptamtliche Wache, Berufsfeuerwehr – und was dazwischen liegt“ sehr gut dargestellt.
Wenn das Ehrenamt die Sicherheit nicht mehr zu gewähren vermag, dann stellt die Gemeinde eben ein paar Leute ein und zack, schon hat man eine Berufsfeuerwehr. Klingt einfach. Sieht man von der finanziellen Seite einmal ab, ist das wirklich so simpel, wie im Beitrag dargestellt? Findet man auf dem Arbeitsmarkt überhaupt genügend Berufsfeuerwehrleute, die man einfach mal eben schnell einstellen könnte? Ich glaube weniger, wenn ich den Aussagen bekannter Berufsfeuerwehrleute Glauben schenke, dann haben alle hauptamtlichen Feuerwehren mit massiven Problemen zu kämpfen, Personal in der erforderlichen Qualität und Quantität zu finden. Mehr hauptamtliche Feuerwehren verschärfen also auch hier das Personalproblem.
So löblich es ist, über die Probleme des Ehrenamtes in der Feuerwehr zu berichten, mit einer derart vereinfachenden, moralisierenden und – im besten Fall – Unruhe erzeugenden Berichterstattung, lässt sich niemand in das Ehrenamt „zwingen“. Das Thema Feuerwehr lässt sich eben nicht auf Schwarz und Weiß reduzieren, weil es zu viele Grautöne gibt.