Eine Kolumne von Ulrich Wolf

Kürzlich, irgendwo in Deutschland, kam es Zoff bei einer freiwilligen Feuerwehr. Die „Jungen“ fordern sehr viel mehr Ausbildung und Übung, als die „Alten“ zu leisten bereit waren. Mit „alt“ ist Ü40 gemeint. Seit Jahren stritten die beiden Fraktionen um die Häufigkeit von Übungs- und Ausbildungsstunden. Während die „Jungen“ sich samstags zum zusätzlichen Dienst trafen, meinten die „Alten“, man hätte ja früher auch so jedes Feuer aus bekommen. Zusätzlich existierten Differenzen zum Thema Alkoholkonsum. Die „Alten“ pflegten die Kameradschaft gerne mit einem alkoholischen Getränk. Der ganze Streit endete mit dem Austritt von fast der Hälfte der Aktiven, die Führungskräfte eingeschlossen. Schade.

Nahezu zeitgleich gab es bei einer anderen Feuerwehr Ärger wegen einer Vereinsveranstaltung. Die Angehörigen der Feuerwehr waren sich uneins über Teilnahme der eigenen Kinder bei einem Essen. Für die Familien mit Kindern ist es selbstverständlich, gemeinsam teilzunehmen. Warum auch nicht? Obwohl es bei diesem Disput „nur“ um Vereinsaktivitäten ging, traten Feuerwehrleute aus dem aktiven Feuerwehrdienst aus.

Beide Ereignisse unterscheiden sich: Einmal geht es um den Verein und das andere Mal handelt es sich um die Einsatzabteilung. Persönlich kann ich solche Aktionen nicht nachvollziehen. Wenn mir der Verein nicht passt, ist ein Verbleib in der Einsatzabteilung ja nicht ausgeschlossen, oder?

Warum aber kommt es zu solchen Unstimmigkeiten? Hat das wirklich mit dem Alter zu tun?
Die Gründe liegen sicher ganz woanders. Früher war „Feuerwehr“ Nachbarschaftshilfe. Quasi eine „Selbsthilfegruppe Brandschutz“. Heute ist die Feuerwehr wesentlich mehr. Die Anforderungen an jeden Einzelnen sind gestiegen. Technik und Taktik passten sich den Anforderungen an. Deshalb ist es notwendig, die Feuerwehrleute gründlich und nachhaltig auszubilden, und zwar derart, dass es auch bei Nieselregen und nachts um drei Uhr reibungslos und sicher klappt. Menschenrettung, Brandbekämpfung, etc. ist kein Ponyhof! Damit ist Ausbilden und Üben zeitlich belastend, weil diese anspruchsvoll sind und die Freizeit darunter leidet.

Eben damit scheint man mancherorts aber Probleme zu haben. Möglicherweise läuft es dann so:

  • Übung „light“, damit man sich nicht so plagen muss.
  • Unterricht in nur 30 Minuten, damit es nicht langweilig wird.
  • Keine Lehrgänge besuchen, weil der Feuerwehrangehörige Angst hat, am Ende eine Lernerfolgskontrolle zu schreiben.
  • Ausnahmen für Führungskräfte, auch ohne die erforderliche Qualifikation Wehrführer der Ortswehr zu werden, weil der Lehrgang zehn Tage an der Feuerwehrschule dauert.

In diesem Zusammenhang ist oft der Spruch zu hören: „Wir machen das doch alle nur freiwillig“. Ja und?

Und deswegen geht man auf „Schmusekurs“ für die Profilneurotiker, damit sich nur keiner „auf den Schlips“ getreten fühlt? Ich frage mich, warum Leute in die Einsatzabteilung der Feuerwehr eintreten, wenn sie nicht bereit sind, sind ordentlich ausbilden zu lassen? Im Fußballverein kämen sie nicht aufs Spielfeld, wenn sie im Training nicht genügend Leisten und wenig Engagement zeigen. Kein Trainer käme auf die Idee, nur einmal im Quartal für nur zwei Stunden seine Mannschaft zu trainieren, weil es sonst zu anstrengend ist. Mit dieser Mannschaft wird keiner das Klassenziel erreichen. Aber ausgerechnet bei „der Feuerwehr“ soll das gehen?

Ist das jetzt wirklich ein Konflikt der Generationen? Nein, ich denke nicht! Es ist eine Sache der Einstellung!

Je zwangloser der Angehörige mit dem Thema Feuerwehr umgeht, umso unwichtiger fühlt sich der Einzelne. „Ist ja nicht schlimm, wenn ich heute nicht zur Übung komme. Sind ja genug andere da.“ So, oder so ähnlich sehen die Gedanken aus. Ich finde, je anspruchsvoller (natürlich mit Grenzen) die Verantwortlichen Ausbildung und Übung gestalten, umso eher hat der Einzelne ein Erfolgserlebnis. Diese Erkenntnis ist, dass es ohne den Einzelnen keinen Erfolg gegeben hätte. Wenn wir es schaffen, genau diesen Geist zu vermitteln, dann macht „Feuerwehr“ (wieder) richtig Spaß! Teamgeist und Wertschätzung des Einzelnen, das könnte ein Erfolgsrezept für eine erfolgreiche Feuerwehr sein.

Dieses Selbstbewusstsein überträgt sich auf das von uns in der Öffentlichkeit abgegebene Bild. Die Bevölkerung gewinnt damit Vertrauen in unser Können. Ich habe den Eindruck, dass unser Image in den letzten Jahren ein paar Risse bekam. Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum der Sportverein so viel mehr Mitglieder hat, wie der Förderverein der Feuerwehr? Eigentlich müssten die Leute im Ort ein hohes Interesse an „Ihrer Feuerwehr“ haben. Wenn nicht schon aktiv, dann zumindest als Unterstützer.

Lasst uns alle daran arbeiten, dass solche Vorkommnisse, wie einleitend dargelegt, Ausnahmen bleiben und wir es schaffen, auch künftig eine leistungsfähige Feuerwehr im Ort zu haben!

Über den Autor

Ulrich Wolf ist Betreiber des Weblogs pvsafety. pvsafety.de ist eine Informationsplattform rund um Sicherheit im Feuerwehreinsatz und bei Übungen. Schwerpunkte sind die Gefahren durch elektrischen Strom und Informationen über Photovoltaikanlagen. Hierzu bietet pvsafety.de Fachvorträge für Feuerwehreinsatz- und Führungskräfte an.