Eine Kolumne von Dr. Ulrich Cimolino

In Deutschland sind verschiedene Organisationen für das breite Band der Gefahrenabwehr zuständig. Bisher tun sie das vor allem für sich selbst und nur in relativ wenigen Fällen kommt es zu übergreifenden Einsätzen bzw. abgestimmter Einsatzplanung oder -beschaffung oder gar echter Zusammenarbeit. Eher bekannt ist der Einsatz bei fehlenden Möglichkeiten der anfordernden Behörde bzw. Organisation durch eine andere z.B. im Rahmen der Amtshilfe. Je nach Bundesland kommt es hier in einigen Fällen allerdings zu unterschiedlichen Vorschriften oder deren Auslegungen, wie man es z.B. gerade im Bereich der einsatzbedingten Verkehrsregelung sieht. (In Bayern praktisch mit Aufgabe der Feuerwehr, in anderen Ländern für die Feuerwehr faktisch verboten. Selbst bei der einsatzbedingt ggf. erforderlichen Straßen(voll)sperrung wird teilweise noch diskutiert, ob das für die Feuerwehr überhaupt zulässig wäre…)

Während man in einigen Bereichen das Handeln rechtlich, föderal bzw. persönlich oder organisationsbezogen völlig unterschiedlich geregelt hat oder betrachtet, wobei die technischen Möglichkeiten flächendeckend gleich sind, gibt es in anderen Bereichen technisch unterschiedliche bzw. gar keine Möglichkeiten, obwohl der Bedarf flächendeckend vorhanden wäre. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Bestandteile der Gefahrenabwehr in den Bundesländern in teils mehreren, jeweils verschiedenen Ministerien sowie vielen verschiedenen Organisationen „wiederfinden“.

Die Feuerwehr benötigt z.B. zur wirksamen Bekämpfung von flächigen Vegetationsbränden bzw. zum Einsatz in exponierten Lagen ausreichend viele und leistungsfähige Möglichkeiten aus und in der Luft.

Zur Brandbekämpfung aus der Luft machen bei der Topographie in Deutschland v.a. Hubschrauber mit Außenlastbehälter (ALB) Sinn. Die Feuerwehren verfügen in Deutschland bisher über keine eigenen Hubschrauber – und brauchen diese dafür vermutlich auch künftig nicht, wenn es gelingt, die vorhandenen Hubschrauberbetreiber (v.a. Bundeswehr, Bundespolizei, Länderpolizeien und wenige Private) besser zu integrieren bzw. deren Hubschrauber überhaupt auch technisch nutzbar zu machen.

Es erscheint schwer verständlich, dass eigentlich genau das Gegenteil der Fall ist. Immer weniger Hubschrauber stehen für die Gefahrenabwehr tatsächlich zur Verfügung und immer weniger von diesen verfügen auch über Möglichkeiten, nennenswerte Außenlasten zu fliegen, oder können auch nur überall schnell und problemlos zur Luftbeobachtung „bestellt“ und genutzt werden.

In den letzten Jahren wurden von einigen Länderpolizeien (die i.d.R. dem gleichen Ministerium wie die Feuerwehren unterstehen) Hubschrauber beschafft, die baulich gar nicht in der Lage sind, einen Außenlasttransport durchzuführen. In anderen Fällen gibt es zwar große ALB bei den Feuerwehren, aber bereits jetzt kaum oder künftig vermutlich immer öfter gar keine sicher verfügbaren Hubschrauber in der nötigen Leistungsfähigkeit. Diese großen ALB benötigen z.B. CH 53 der Bundeswehr, einen Hubschraubertypen der bereits heute oft gar nicht, oder erst nach vielen Stunden und wenn dann oft auch nur über kurze Zeiträume verfügbar ist, für Nachlöscharbeiten o.ä. wiederum viel zu groß, damit dafür falsch und v.a. auch viel zu teuer ist – und der sich im Bestand schon altersbedingt immer weiter reduziert hat. Die Bundespolizei verfügt zwar über eigene moderne Hubschrauber und dazu passende ALB, aber – wie auch die anderen Hubschrauberbetreiber und die meisten Feuerwehren! – über keine ausgebildeten Führungs- bzw. Einsatzkräfte, die auch entscheiden können, was damit im Einsatzfall konkret gemacht wird bzw. die nötige Unterstützung leisten können.

Die Feuerwehren in Deutschland verfügen nur in wenigen Ländern über eine geplante Struktur, wie im Einsatzfall im Zusammenwirken aller Einheiten (hier v.a. Brandbekämpfung am Boden und aus der Luft) gearbeitet werden soll. Diese wenigen Konzepte unterscheiden sich auch noch stark. Es scheint dazu z.T. immer noch so zu sein, dass die Alarmierung von Luftfahrzeugen allein schon durch unklare Alarmierungsstrukturen oder Kostenregelungen mehr oder weniger gezielt erschwert oder aus wirtschaftlichen Gründen gescheut wird. Dies führt dann zu Alarmverzögerungen bis zu mehreren Stunden.

Benötigt werden

  • sichere und einfache Alarmierungswege, die schnell zum Ergebnis führen und
  • Führungskräfte, die wissen, wer welche Möglichkeiten hat – und entscheiden können, wann man welche davon wie sinnvoll nutzt. Dazu gehören auch die Fähigkeiten zur Anweisung, wohin das so aufwändig in der Luft transportierte kostbare Gut „Löschwasser“ am wirksamsten genau geworfen wird.
  • Einsatzkräfte, die das dann auch entsprechend unterstützend umsetzen können.

Hierfür ist es sinnvoll, auf Fachwissen spezialisierter Gruppen zurück zu greifen.

Letztlich wären verteilte, ausgebildete und erfahrene Einheiten mit spezialisierten Teilen, gern verschiedener, aber gut vernetzter Organisationen, z.B. als „Task Force Waldbrand“ vermutlich sinnvoller, als so manche andere…

Die Polizei und die Bundeswehr verfügen seit Jahren schon über Erkundungs- und Dokumentationsmöglichkeiten aus der Luft. Angesichts der immer kleiner werdenden Technik (Videokamera mit Datenübertragung) können künftig einfacher auch andere Hubschrauber relativ leicht für die „Lufterkundung“ ertüchtigt werden, oder gleich Drohnen eingesetzt werden. Es gibt bisher in Deutschland für die nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr bis auf wenige Ausnahmen aber so gut wie keine Möglichkeiten, diese auch möglichst direkt und über verschiedenen Führungsebenen hinweg vernetzt nutzen zu können. Dabei wäre es mit nur geringem Mehraufwand ganz einfach möglich, z.B. über ereignisbezogene Adressen auf web-basierten Datenservern Luftbilder live in einer TEL oder in einem ELW zur Verfügung zu stellen.

Ich rufe alle dazu auf, gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir hier alle etwas besser werden!

Dies erfordert

  • gemeinsames Reden über Bedürfnisse und Anforderungen,
  • um daraus Einsatz- und Ausrüstungskonzepte zu erhalten, die in
  • Übungen und
  • Fortbildungen

zu evaluieren und vertiefen sind.

Nur dann vermeiden wir, bei eher knapper werdenden Mitteln künftig ggf. Fragen beantworten zu müssen, wieso die prinzipiell vorhandenen, teuer beschafften Sonderausrüstungen nur zum bzw. von einem Teil der Gefahrenabwehr genutzt werden bzw. warum man Doppelbeschaffungen tätigen will, die nur zusätzliche Ressourcen verbrauchen, ohne echte Mehrleistung zu bieten.

Über den Autor

Dr. Ulrich Cimolino ist seit 1981 in der Feuerwehr aktiv, zunächst freiwillig, seit 1991 auch hauptberuflich. Der Sicherheitsingenieur leitete von 1993 – 1998 die Abteilung Ausbildung und seit 1997 die Abteilung Technik bei der Feuerwehr Düsseldorf. Darüber hinaus arbeitet er fest im Fachnormenausschuss Löschfahrzeuge im Deutschen Institut für Normung und im Arbeitskreis Technik der AGBF NW mit. Einem breiteren Feuerwehrpublikum ist er vor allem durch seine umfangreiche publizistische Tätigkeit zu Themen rund um „die Feuerwehr“ und zahlreiche Seminare, Tagungen und Vorträge bekannt. [cimolino.de | einsatzpraxis.org | standardeinsatzregel.org | einsatzleiterhandbuch.org]