Die Entwicklung vom offenen zum geschlossenen Feuerwehraufbau

Historischer Mannschafts- und Gerätewagen der FF Bretten

Der Mannschafts- und Gerätewagen der FF Bretten wurde 1934 von Metz auf einem Mercedes-Benz aufgebaut. Im Einsatzdienst stand das Fahrzeug bis 1966. Der Mercedes – Benz Typ L-60 hat einen 4 Zylinder M66-Benzinmotor, der 66 PS leistet. Der Hubraum beträgt 4.908 ccm, Höchstgeschwindigkeit 68km/h. Nach Ende der Dienstzeit verkaufte die FF Bretten das Fahrzeug, holte es aber 1986 zurück. Das Fahrzeug der FF Bretten wurde von 1998 bis 2001 restauriert. Foto: sc/fwnetz.de

Bis weit in die 1940er Jahre dominierten Feuerwehrfahrzeuge mit offenen Mannschaftskabinen das Bild auf der Straße. Obwohl technisch realisierbar, verzichteten die Beschaffer noch in den 1930er Jahren auf geschlossene Kabinen. Der Grund für die ablehnende Haltung ist, wie vieles in der Feuerwehr, mit den dominierenden Werten und Ansichten zu erklären.

Trotz benzin-elektrischer Motorisierung hatten Feuerwehrleute in der chauvinistisch geprägten, konservativ-militaristischen Gesellschaft harte Männer zu sein. Offene Kabinen waren deshalb Gebot und Zwang zugleich. Ähnliches galt im Übrigen für die offenen und ungepolsterten Holzbänke. Die „Abhärtung der Mannschaften“ (Josef Schütz) besaß oberste Priorität.

Der Fortschritt machte – zum Glück – vor der Feuerwehr nicht halt. Allerdings erfolgte die Entwicklung vom offenen zum geschlossenen Aufbau über einen Zwischenschritt. Fuhren die Männer bisher ohne jeden Schutz vor dem Wetter in den Einsatz, schirmte ein imprägniertes Segeltuch die Einsatzkräfte wenigstens vor Regen und Schneefall. Gleichwohl war die Kabine offen und die Feuerwehrleute blieben Wind und Kälte ausgesetzt.

Ein Umdenken und Umstellen auf vollständig geschlossene Kabinen setzte schließlich ab 1929 ein. Deutschland erlebte 1929/30 einen außergewöhnlich kalten Winter. Darunter hatten vor allem die in offenen Wagen ausrückenden Feuerwehrleute zu leiden, die nicht selten Erfrierungen erlitten. Der Winter brachte nicht minder Temperaturen von bis zu -45 Grad und führte zugleich zu besonders vielen Einsätzen. Der Hamburger Feuerwehrhistoriker Manfred Gihl schreibt von einem Einsatz in Stuttgart, bei dem die Feuerwehr in offenen Feuerwehrfahrzeugen zum Einsatzort gebracht und später die „Mannschaften in geschlossenen Sanitätsfahrzeugen zurückgefahren“ wurden.

Ganz ohne Druck „von oben“ ging das Umstellen dagegen nicht. Im Zuge des Durchsetzens von Normen und einheitlichen Feuerwehrdienstvorschriften durch das Reichsministerium des Inneren und des Reichsministeriums der Luftfahrt waren für die neuen Standardfahrzeuge ab 1934 bloß geschlossene Mannschaftskabinen vorgesehen. Das Durchsetzen der Norm war dabei ebenfalls ein Thema für sich. „Ein Teil der damaligen Feuerwehrchefs hält noch immer nur die eigenen Erfahrungen für relevant und glaubt auch nicht so recht, dass ein Zusammenarbeiten mehrerer Feuerwehren im größeren Rahmen erforderlich sein könnte. „Feuerwehr“ wird vorwiegend als etwas Ortsbezogenes aufgefasst“, schreibt die vfdb in ihrer Biografie über Paul Kalaß, der sich bei der Entwicklung einheitlicher Feuerwehrnormen hervortat und dessen Werk bis heute in den Normen Bestand haben.

Nicht wenige Zeitgenossen sprachen im Zusammenhang mit dem Einführen vollständig geschlossener Kabinen von der Verweichlichung und dem Ende des Feuerwehrfahrzeugs. Ähnliche, hochemotionale Auseinandersetzungen gab es nicht nur in Bezug auf geschlossene Mannschaftskabinen, sondern z. B. ebenso gegenüber dem Explosionsmotor, der Luftgummibereifung oder Stahlleitern. Sachliche Argumente versus Emotionalität bilden bei der Feuerwehr eine konstante bis in das 21. Jahrhundert hinein. Die Diskussion veranschaulicht, wie schon damals die Akzeptanz einer dringend notwendigen Änderung von den so genannten „Praktikern“ verhindert, verzögert und veralbert wurde.

Die Berliner Feuerwehr stellte 1930 das erste Fahrzeug mit vollständig geschütztem Mannschaftsraum in Dienst. Dennoch ließen die Feuerwehren noch in den 1930er Jahren Feuerwehrfahrzeuge allein mit Wetterschutz bauen, wie z. B. der abgebildete Mannschafts- und Gerätewagen der Feuerwehr Bretten.

Übrigens saß der Fahrer zu Beginn der Motorisierung auf der rechten Seite. Hier zeigt sich die konstruktive Nähe zu den alten Pferdegespannen. Der Kutscher – „der Fahrer“ – saß hier auf der rechten Seite. Nur für den Fall, dass dies beim Betrachten eines Feuerwehroldtimers auffällt.

(Dies ist eine redigierte und erweiterte Version des Artikels „Snippets von der Retro Classics (2) – Vom offenen zum geschlossenen Feuerwehraufbau“ der ursprünglich am 25.03.2011 im fwnetz.de erschien).

Literatur

  • Manfred Gihl: Geschichte des deutschen Feuerwehrfahrzeugbaus. 2 Bde., Stuttgart 2002.
  • Josef Schütz: Die Roten Hefte, Bd.8a, Feuerwehrfahrzeuge, Stuttgart 1996.
  • Udo Paulitz: Feuerwehr-Klassiker, Drehleitern und Löschfahrzeuge. Stuttgart 2003.
  • Rolf Metzger: 150 Jahre Metz Feuerwehrgeräte. Ein Unternehmen schreibt Feuerwehrgeschichte. 1992.
  • Karl Seegerer; Günter Strumpf: „Paul Kalaß: Pionier der Feuerwehr-Fachnormung in Deutschland“ abgedruckt in Feuerwehrchronik 05/2011, S. 7-13, 2009.