Eine Kolumne zum Thema fliegende Fahrzeuge

„Im Jahr 2000 werden wir mit fliegenden Autos unterwegs sein“, las ich als Kind einst begeistert in alten Reader‘s Digest BĂŒchern. „Boah, nur noch etwas ĂŒber zehn Jahre, dann gibt es das“, dachte ich enthusiastisch Ende der 80iger Jahre. Was tat ich? Klar, ich nahm Stift und Papier zur Hand und „entwickelte“ mein eigenes fliegendes Auto, damit die Fahrt/der Flug zu den Großeltern nicht mehr so lange dauert. Tja, als Kind hat(te) man damals noch TrĂ€ume. Wie das mit den optimistischen Vorhersagen in populĂ€rwissenschaftlichen Zeitschriften so ist, traf diese technische Innovation natĂŒrlich nicht ein, denn als uns 1997 Luc Besson „Das fĂŒnfte Element“ zeigte, in dem sich Bruce Willis in den HĂ€userschluchten eine Verfolgungsjagd mit seinen HĂ€schern in einem fliegenden Auto lieferte, waren sie noch immer die Vision einer „fernen Zukunft“. Eine Zukunft, die vielleicht zumindest fĂŒr diese Generation nĂ€her als jemals zuvor erscheint.

So sah der frz. KĂŒnstler Villemard die Feuerwehrleute der Zukunft: Nicht vom Boden, sondern aus der Luft werden BrĂ€nde bekĂ€mpft. Villemard: Les Pompiers aĂ©riens 1910.

So sah der frz. KĂŒnstler Villemard die Feuerwehrleute der Zukunft: Nicht vom Boden, sondern aus der Luft werden BrĂ€nde bekĂ€mpft. Villemard: Les Pompiers aĂ©riens 1910. (Wikimedia)

Gehören Drohnen – egal welcher GrĂ¶ĂŸe – fast schon zum Alltag, machen sie doch Fotos, liefern Daten fĂŒr die Analyse von Menschenmengen, oder liefern sogar Post und Pakete aus, scheint es nur folgerichtig, auch ĂŒber den Transport von Menschen in Drohnen/fliegenden Autos nachzudenken. Und schwupp, da ist die alte technische Vision wieder auf der Agenda. Und in der Tat hĂ€uften sich in den letzten Wochen Berichte ĂŒber die Forschung und Entwicklung fliegender, fĂŒr Menschen geeignete Transportsysteme, denn fĂŒr die Luftfahrt scheint gerade, dank leistungsfĂ€higer Akkumulatoren, Miniaturisierung und spezieller Werkstoffe ein neues Pionierzeitalter angebrochen zu sein.

Der französische Luftfahrtkonzern Airbus kĂŒndigte jĂŒngst an schon dieses Jahr einen Prototyp, entstanden aus dem Projekt Vahana, in die Luft zu bringen. Die Idee dahinter ist ein fahrerloses, fliegendes Taxi – wer sich erinnert, so etwas gab es auch in „Back to the Future“ im Jahre 2015 (!). 2021 soll das GerĂ€t serienreif sein.

KĂŒnstlerische Darstellung der Airbus-Idee eines „fliegenden Autos“. Bild: Airbus

Nun, was hat das Ganze mit der Feuerwehr zu tun? Es hat immer mit der Feuerwehr zu tun, sonst wĂŒrde ich darĂŒber nicht schreiben! Auf der Metaebene sind wir als Feuerwehrangehörige in immer schnelleren AbstĂ€nden mit neuen Technologien konfrontiert, allein in puncto Straßenverkehr. WĂ€hrend sich Hybrid- und Elektromobile noch nicht wirklich durchgesetzt haben und hinsichtlich technischer Hilfeleistung wohl die wenigsten Feuerwehren Erfahrung mit diesen Fahrzeugen haben, kĂŒndigen sich schon, wie oben dargestellt, die nĂ€chsten mobilitĂ€tsbezogenen Innovationen an. Was Ă€ndert sich fĂŒr die Feuerwehr? Taktisch sicherlich erst einmal wenig, denn ein Crash am Boden (oder Absturz) werden abgearbeitet, wie seit ehedem. Lediglich die in den Unfallfahrzeugen verarbeiteten Werkstoffe und technischen Einrichtungen stellen Hindernisse und Gefahren dar, die entsprechend frĂŒhzeitig in der Ausbildung aufgegriffen werden sollten. Eventuell braucht die Feuerwehr eine Art ZentralschlĂŒssel, ein computergestĂŒtztes Anzeige- und BediengerĂ€t, um sich mit dem Fahrzeugcomputer zu verbinden, um Sicherheitseinrichtungen oder Ströme gezielt abzuschalten? Nicht das die Fahrzeug-KI den Feuerwehrangehörigen als Gefahr einstuft!

Vielleicht gibt es aber auch neue Unfallbilder. Denkbar ist ein Crash in der Luft, wobei die Fahrzeuge in der Luft verbleiben, und von der Feuerwehr auf den Boden geleitet werden mĂŒssen. Man stelle sich die Alarmierung mit dem Stichwort „Fliegender PKW hĂ€ngt in WEA fest“ oder „Fliegender PKW droht von GebĂ€ude zu stĂŒrzen“ vor. Man stelle sich einen Massenunfall fliegender Fahrzeuge vor, die zum Teil am Boden liegen, wĂ€hrend andere in GebĂ€uden stecken.

Warum eigentlich fliegen nur zivile Fahrzeuge? Schließlich könnte man ja auch die Feuerwehr in die Luft verlegen. Hier kommt das trĂ€umende Kind im Feuerwehrangehörigen wieder zum Vorschein. Fliegende Feuerwehreinheiten mĂŒssten sich nicht mehr durch verstopfte Straßen kĂ€mpfen, sich in Kreuzungen hineintasten und wertvolle Zeit auf der Anfahrt verlieren. Sie könnten einfach losfliegen, landen, loslegen. Gleichzeitig bekĂ€me man im Sinne der Lageerkundung ganz neue Möglichkeiten. Klar, ein 16 Tonnen schweres HLF bekommt man nicht so leicht in die Luft, aber je nach Einsatzart liftet die FFE – die Feuerwehr-Flug-Einheit – einfach das benötigte Modul und lĂ€sst nicht benötigtes Material in der Flughalle zurĂŒck – Ă€hnlich dem ORBIT-Konzept. Abwegig ist die Idee nicht, immerhin wurden gerade fĂŒr lĂ€ndliche Bereiche schon HubschrauberunterstĂŒtzungskonzepte[1] durchgespielt. WĂŒrde der Individualverkehr andererseits in die Luft verlegt, wĂ€ren die Straßen fĂŒr die Feuerwehrfahrzeuge mehr oder weniger frei. Aber, um auf den Boden der Tatsachen zurĂŒckzukommen, fĂŒr die Bundesrepublik ist eine derartige Entwicklung wegen regulatorischer und rechtlicher Restriktionen ĂŒberhaupt nicht denkbar. Fliegende Personenkraftfahrzeuge werden sich daher in der nĂ€chsten Dekade wohl eher in Asien oder den USA finden.

Off Topic

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, jeden ersten Dienstag im Monat eine Kolumne im Feuerwehr Weblog zu veröffentlichen. Begonnen habe ich dies mit dem Beitrag „Abwechslung. Anstrengung. Alles andere als ein Hobby“ am 6. September. Gerne dĂŒrfen auch unsere Leser ein Thema aufgreifen und uns einen Text zusenden, gleichzeitig versuche ich (namhafte) Feuerwehrangehörige oder der Feuerwehr nahe stehenden Personen hierfĂŒr zu gewinnen. Da wir ein privates, nicht-kommerzielles Medium sind, bleiben als Belohnung nur der Ruhm, die Anerkennung und die Meinungsfreiheit. Überlegt es euch.

[1] Vgl. Martin Meier; Uli Barth: Sind unsere freiwilligen Feuerwehren trotz demografischen Wandels „fit fĂŒr die Zukunft“? in: VFDB-Zeitschrift, 56. Jg., 2007, Nr. 3, S. 147 – 155.