Eine Kolumne zum Thema Dasein als Feuerwehrangehöriger
Irgendwo, irgendwann in Deutschand.
âUnd, was machst Du so in Deiner Freizeit?â
âIch?â Kurze Pause. âTja, ich bin bei der Feuerwehr!â
âAha!â Schweigen. âUnd, da löscht Du Durst und so, oder?â Lachen!
Irgendwie kennen wir (freiwillige) Feuerwehrangehörigen diesen Dialog nur zu gut, denn ein jeder von uns, ist auf die eine oder andere Art mit Vorurteilen, Unwissen oder schlicht UnverstĂ€ndnis auf das eigene auĂerberufliche Engagement konfrontiert. Dabei muss nicht immer der Stereotyp vom Durstlöscher im Vordergrund stehen. Viele MitbĂŒrger können es sich ohne weiteres nicht vorstellen, freiwillig Zeit und Ressourcen, ja sogar die Gesundheit, unentgeltlich fĂŒr etwas einzusetzen, das doch bequem, ganz im Sinne der deutschen Dienstleistungs- und staatlichen FĂŒrsorgementalitĂ€t, mit hauptberuflichen Feuerwehrangehörigen erledigt werden könnte.
Hauptberufliche Feuerwehrleute gelten ohnehin seit Jahren als die Berufsgruppe, der mit Abstand die meisten BĂŒrger vertrauen. Dabei wird natĂŒrlich nicht differenziert, um welche Art von Feuerwehr es sich dort, wo der Befragte wohnt, handelt. AuĂerdem wird die Feuerwehr meist mit dem Löschen von BrĂ€nden (oder Retten von Katzen von BĂ€umen) in Verbindung gebracht. Schuld daran trĂ€gt sicherlich der zu FehlschlĂŒssen verleitende Name.*
Aber, was ist die Feuerwehr eigentlich? Klar, die Feuerwehr ist eine Institution der Gemeinde, deren Angehörige BrĂ€nde löschen, Verletzte retten und bei UnfĂ€llen wie Katastrophen Hilfe leisten, sagen jetzt die Puristen, Juristen und beziehen sich auf das rein Deskriptive. PrĂ€skriptiv kommen dann die Historiker und Sozialwissenschaftler daher, und rollen die Geschichte der Turnerbewegung auf, zeigen die ambivalente Mitwirkung bei der Demokratisierung, stellen die Aufgaben der Sozialisation, Integration und den Altruismus, das Helfenwollen, in den Vordergrund. Das mag alles seine Richtigkeit haben, doch erfasst dies âFeuerwehrâ in der ganzen Breite, mit der ganzen Vielfalt, mit allen Inbegriffen?
Wenn man mal ein wenig weiter denkt, dann ist Feuerwehr nĂ€mlich viel mehr. Feuerwehr â als abstrakter Begriff â ist eine Zusammenballung unterschiedlichster FĂ€higkeiten, die selbst Angehörige nicht auseinanderdividieren. Feuerwehr ist praktische Anwendung von Physik. Egal ob bei der technischen Hilfeleistung, wo es um das EinschĂ€tzen von ZugstĂ€rken, das Bewegen von Massen oder das Verhalten von Gasen und Feststoffen geht. Selbst das Löschen, die Aufgabe der Feuerwehr schlechthin, ist nichts anderes als der Eingriff in einen chemisch-physikalischen Vorgang. Die Forschung zur BrandbekĂ€mpfung zeigt immer neue und bessere Methoden auf, die aber andererseits auch fĂŒr den Feuerwehrmann ein besseres VerstĂ€ndnis ĂŒber die BrandvorgĂ€nge erfordern. Einfach nur noch mit Wasser draufhalten, ist nicht mehr: Schaum, Netzmittelzugabe, Wassernebel etc. erfordern breiteres Wissen. Bei alledem kommen natĂŒrlich auch die Umwelt und die Biologie ins Spiel. Was fĂŒr ein Stoff brennt, muss das Löschwasser aufgefangen werden? Sind nur einige der Fragen. Die UmweltschadenbekĂ€mpfung geht noch weiter, wenn das Thema Gefahrgut in den Fokus kommt. SpĂ€testens hier genĂŒgt einfaches chemisches Wissen nicht mehr. Ăber alldem schwebt die Mathematik, die in der Feuerwehr meist auf âSchĂ€tzenâ reduziert ist, aber bisweilen doch notwendig wird, bspw. bei der Berechnung der Löschwasserversorgung.
SelbstverstĂ€ndlich ist das Arbeiten mit jeder Form von Technik, sei es mit âhartemâ Werkzeug, wie auch elektrisch betriebenen Hilfsmitteln ein unbedingtes Muss.
Wer jetzt denkt, die AufzĂ€hlung sei am Ende, irrt. Feuerwehr ist körperlich anstrengend und erfordert entsprechend gesundheitlich geeignetes Personal. Hierzu heiĂt es immer so schön âein MindestmaĂ an Fitenssâ sei erforderlich, eine Aussage, hinter der sich viele Kameraden verstecken, die in Sport, in Sport der diesen Namen verdient, eher Schikane sehen. Wer regelmĂ€Ăig EinsĂ€tze unter Atemschutz absolviert oder in der Höhenrettung, in der Tauchergruppe aktiv ist, weiĂ, dass es ohne regelmĂ€Ăige sportliche BetĂ€tigung neben Familie, Beruf und Feuerwehr nicht geht. Ein Aspekt den man vielleicht nicht unter feuerwehrzugehörig subsumiert, der aber in der Gesamtbilanz zu berĂŒcksichtigen ist.
Von den hard skills kommen wir zu den soft skills. Menschen, Kameraden mĂŒssen gefĂŒhrt werden, dies lĂ€sst sich nur bewerkstelligen, wenn man sich mit MenschenfĂŒhrung beschĂ€ftigt. Mittlerweile bekommt der Aspekt der Kommunikation ebenfalls deutlich mehr Gewicht. Einerseits bewegen wir uns in der Ăffentlichkeit und stehen damit unter potenzieller medialer Beobachtung, andererseits erwarten âunsere Kundenâ, dass wir mit Ihnen nicht im Kasernenton umherspringen. Nicht zu vergessen bleibt die Fremdsprachenkompetenz, die nicht mehr nur noch (gebrochenes) Englisch umfassen sollte, sondern je nach regionaler Bevölkerungszusammensetzung auch rudimentĂ€re âexotischeâ Sprachen verlangt.
Feuerwehr als auĂerberufliches Engagement weist also inzwischen einiges an Anforderungen auf, die man idealerweise aus dem Beruf, dem sozialen Umfeld mitbringt oder eben lernen muss. Als âHobbyâ â wie es von vielen, abschĂ€tzig gerade auch von wenigen hauptberuflichen Feuerwehrangehörigen (sic!), bezeichnet wird â kann man das nicht mehr sehen. Bei dem AusmaĂ an anzueignendem Wissen, bei dem Umfang an Dingen, die man auĂerhalb der Feuerwehr tun sollte, scheint dann auch mal ein alkoholfreier Durstlöscher nach getanem auĂerberuflichem Engagement angebracht.
* Ganz anders ZĂŒrich, dort heiĂt die hauptberufliche Feuerwehr einfach âSchutz und Rettungâ.