Die Geschichte der Wahlverwandtschaft von Mercedes-Benz und Metz
Jedes Feuerwehrfahrzeug besteht aus â einfach gehalten â zwei Komponenten: dem Chassis und dem Aufbau. Die Hersteller und Konstrukteure der beiden Komponenten lassen sich in Deutschland an einer Hand abzĂ€hlen. Dennoch haben wir es mit einer groĂen Varianten- und Kombinationsvielfalt zu tun. Die Globalisierung und das EU-Recht fĂŒhren zu einer immer bunteren Vielfalt. Das war nicht immer so.
Die Platzhirsche: Magirus und Metz
Der Markt fĂŒr Feuerwehraufbauten war lange Jahre ein Claim, das zwei groĂe Aufbauhersteller beherrschten: Magirus und Metz. WĂ€hrend Magirus âalles aus einer Handâ, vom eigenen Chassis auf Klöckner-Humboldt-Deutz bis hin zum Aufbau, anbot, entwickelte Metz bloĂ Fahrzeugaufbauten und war auf einen Partner angewiesen. Dieser Partner hieĂ ĂŒber 60 Jahre lang Mercedes-Benz.

KL27 auf Mercedes-Benz mit Aufbau Metz der Feuerwehr Baden-Baden. Baujahr 1939, im Einsatz bis 1976.
Kooperation von Mercedes-Benz und Metz
Die Marke Mercedes-Benz und Metz waren vertraglich aneinander gebunden. Diese Bindung ging auf das Jahr 1923 zurĂŒck. Damals schlossen die Benz-Werke im badischen Gaggenau und die Carl-Metz-FeuerwehrgerĂ€tefabrik aus dem wenige Kilometer entfernten Karlsruhe einen Kooperationsvertrag, der festlegte, dass Benz in Zukunft die Aufbauten fĂŒr Löschfahrzeuge und Drehleitern von Metz bezog. Im Gegenzug verzichtete Benz auf die weitere Fertigung von Feuerwehrpumpen. Benz gehörte damals, wie die noch eigenstĂ€ndige Firma Daimler, zur Riege der Produzenten von Feuerwehrpumpen.
Aus Mercedes und Daimler wird Daimler-Benz
Benz und Daimler fusionierten drei Jahre spĂ€ter zu Daimler-Benz. Beide hatten jedoch bereits seit 1924 einen Interessenvertrag ĂŒber den Bau von Feuerwehrfahrzeugen in bestimmten Nutzfahrzeugklassen. Die Fusion fĂŒhrte 1933 zu einer Neuauflage und Ausweitung der Vereinbarungen zwischen der Daimler-Benz AG und der Carl Metz FeuerwehrgerĂ€tefabrik. Der Interessenvertrag von 1923 wandelte sich nun in einen Fabrikations- und Vertriebsvertrag fĂŒr das Inland, der die beiderseitigen Verpflichtungen genau regelte.

Automobilspritze von Benz-Gaggenau, Baujahr 1925, im Einsatz bei der Feuerwehr Vaihingen auf der Filder.
Metz verpflichtete sich den Bau automobiler Fahrgestelle nicht aufzunehmen, Aufbauten nicht an andere Automobilfabrikanten zu liefern, Feuerlöschfahrzeuge nur auf Fahrgestellen von Daimler-Benz anzubieten, und die eigenen Erzeugnisse in Prospekten mit dem Zusatz âauf Daimler-Benz-Fahrgestellâ zu versehen.
Im Gegenzug verpflichtete sich Daimler-Benz, nur Metz zur Lieferung aller Aufbauten heranzuziehen; den Bau von Feuerlöschpumpen aufzugeben; beim Verkauf der Vertragsware nur noch Metz-Pumpen anzubieten und zu verkaufen; und die Produkte mit beiden Namen zu nennen. Ferner verkauften beide Vertragspartner die Produkte des jeweils anderen.
Daimler-Benz und Magirus
Um ein Haar wĂ€re es zu diesem Kooperationsvertrag nicht gekommen. 1928 forderte die Deutschen Bank eine Fusion der C.D. Magirus AG und Daimler-Benz AG. Magirus kĂ€mpfte Ende der 1920er mit wirtschaftlichen Problemen. Zudem hatte die Traditionsfirma nach dem Tod von Hermann Magirus eine FĂŒhrungs- und Innovationskrise. Die Fusion kam nicht zustande, weil Magirus den Kontrakt wegen ungenĂŒgender BerĂŒcksichtigung des FeuerwehrgeschĂ€fts ablehnte.
Rund 45 Jahre spĂ€ter stand erneut die Fusion von Daimler-Benz und Magirus zur Diskussion, da der EigentĂŒmer von Magirus, die Kölner Klöckner-Humboldt-Deutz AG, die schwĂ€bische Tochter zu verĂ€uĂern gedachte. Die weit gediehenen Verhandlungen scheiterten an einem drohenden Veto des Kartellamtes, das einen Nutzfahrzeuggiganten Mercedes-Magirus nicht genehmigt hĂ€tte. Magirus fand in FIAT schlieĂlich einen neuen Partner und ging wenig spĂ€ter in der IVECO auf.

LF 25 auf Mercedes-Benz mit Aufbau Metz; Gebaut 1941 als GLG (GroĂes Löschfahrzeug); im Einsatz in Stuttgart.
Daimler-Benz, Metz und die Zeit des Nationalsozialismus
Die Nationalsozialisten stellten die Kooperation zwischen Daimler-Benz und Metz wenige Jahre nach Abschluss des Interessenvertrages auf die Probe. Die PlĂ€ne der Nazis zielten auf möglichst wenig Konkurrenz und das Vereinheitlichen von Fahrzeugen. Deswegen kam es in den 1940er Jahren zu dem Versuch, Metz und Magirus zu einem einzigen Unternehmen zu verschmelzen. Nachdem Magirus â ohne das Wissen von Metz â die ersten Schritte in diese Richtung verwirklichte, nahm Daimler-Benz dies zum Anlass, den Kooperationsvertrag mit Metz zu kĂŒndigen.
Nachdem die Zwangsehe von Metz und Magirus schon vor dem Zusammengehen scheiterte, erneuerten Metz und Daimler-Benz ihren nun âFreundschaftsvertragâ genannten Kontrakt am 12. November 1940. Daimler-Benz erhielt in dem bis zunĂ€chst 1945 laufenden Vertrag ein Vorkaufsrecht fĂŒr die Firma Metz. Das Kriegsende 1945 fĂŒhrte zu einer Pause der Kooperation. Der Vertrag fand 1949 eine Wiederaufnahme, nachdem Daimler-Benz mit einem neuen Dreitonner ein fĂŒr die Feuerwehren interessanten Nutzfahrzeugtyp im Programm hatte. Bisher baute Daimler-Benz in Nachwirkung des Schell-Plans von 1940 den Opel Blitz in Lizenz weiter.

TLF 15 auf Mercedes-Benz mit Aufbau Metz der FFW Ebersbach/Fils; Baujahr 1953, im Einsatz bis 1982.

Florian Gifhorn 15-43-10: LF 8 schwer auf Mercedes Benz 911 der FFW Wittingen mit Aufbau von Metz. Baujahr 1973, Leistung 96 KW / 130 PS. Bildquelle:Feuerwehr Wittingen.
Auch andere bauen auf Daimler-Benz auf
Trotz des Vertrages zwischen Daimler-Benz und Metz bauten andere Aufbauhersteller auf Mercedes-Benz-Lkw auf. Dies waren in den 1950er ausnahmslos kleine Firmen, die Metz auf dem deutschen Markt nur regional Konkurrenz machten. Hierzu zÀhlten Firmen wie Adam Bachert und Ziegler.

LF 8 auf Mercedes Benz mit Aufbau Bachert der Feuerwehr Reippersberg. Baujahr 1964, im Einsatz bis 2006.
Die EigentĂŒmer der Firma Metz, Alfred und Karl Bachert â die BrĂŒder von Eugen Bachert, der den Aufbauhersteller Adam Bachert fĂŒhrte â gaben der Firma am 06. Oktober 1959 eine verĂ€nderte EigentĂŒmerstruktur. Alfred und Karl Bachert planten mit dieser MaĂnahme frĂŒhzeitig fĂŒr die Zeit nach ihrem Tod. Ăber einen Umweg gehörte Metz damit nun zum Lkw-Hersteller Kaelble.
Angesichts der neuen Teilhaberstruktur kam es abermals zu einer Neuauflage der Vereinbarung zwischen Metz und Daimler-Benz. Inhaltlich blieb es bei dem Ăbereinkommen aus den 1940er Jahren. Die einzige Ănderung betraf Kleinfahrzeuge, wie zum Beispiel das LF 8. Fortan waren Kleinfahrzeuge nicht mehr Bestandteil der Kooperationsvereinbarung.

LF16/12 auf Mercedes-Benz 1124 AF mit Aufbau von Metz der Feuerwehr Schweinfurt. Baujahr 1995. Standardbeladung mit nachtrÀglich eingebauter Schaumzumischanlage. Bildquelle: Feuerwehr Schweinfurt.
Neuverteilung des Kuchens namens Feuerwehr
In dessen Folge entstand eine LĂŒcke, die dazu fĂŒhrte, dass junge Aufbauhersteller, wie Ziegler und Bachert, ein âgröĂeres StĂŒck vom Feuerwehrkuchenâ bekamen. WĂ€hrend die LF 15 (spĂ€ter LF 16) ĂŒberwiegend einen Aufbau von Metz besaĂen, nahm die Variantenvielfalt bei den LF 8 zu. Daimler-Benz bot in dieser Nutzfahrzeugklasse lange Zeit kein passendes Fahrgestell an. FĂŒr die mittelschweren Fahrzeuge, wie die LF 16, bot sich ab Ende der 1950er Jahre zudem der bayrische Lkw-Bauer MAN an.
Metz wird indirekt Lkw-Hersteller

Lastkraftwagen der Marke Kaelble
Nach dem Tod der Firmeninhaber Alfred (1967) und Karl Bachert (1968) gehörte Metz faktisch der Kaelble-Gruppe. Dies machte wiederum eine Anpassung des Vertrages mit Daimler-Benz erforderlich. Dies geschah 1969. Allerdings erfuhr das Abkommen eine erneute Modifikation. DafĂŒr gab es GrĂŒnde: Einerseits fĂŒhrte Daimler-Benz eine neue Fahrgestellgeneration ein, andererseits erweiterte Metz den Handlungsspielraum fĂŒr den Vertrieb. Beide traten jetzt als Generalunternehmer fĂŒr Feuerwehrfahrzeuge auf. Zu einem Konflikt zwischen den beiden Lkw-Herstellern Daimler-Benz und Kaelble kam es nicht, da Kaelble keine groĂe Rolle auf dem Markt spielte. Kaelble war spezialisiert auf Sonderfahrzeuge und Schwerlastzugmaschinen, deshalb entstanden nur sehr wenige Feuerwehrfahrzeuge auf einem Kaelble Chassis. Die Reste der Firma Kaelble gingen spĂ€ter im Baumaschinenhersteller Terex GmbH und 2010 in der Atlas Maschinen GmbH auf.
Das Ende einer Kooperation
Trotz der Vertragsanpassungen endete die Zusammenarbeit zwischen Daimler-Benz und Metz 1972. Einerseits war Metz in zunehmendem MaĂ bei der Fahrgestellauswahl eingeschrĂ€nkt, andererseits expandierte Daimler-Benz und befĂŒrchtete, durch die Bindung an Metz AuftrĂ€ge zu verlieren.
Das Ende des Namens Metz
FĂŒr Metz begann mit dem Tod der GebrĂŒder Bachert eine Zeit, in der es zu hĂ€ufigem EigentĂŒmerwechsel kam. Metz gehörte zwischenzeitlich zur Total Walther Feuerschutz GmbH, die wiederum Teil des Krupp-Konzerns war. 1998 ĂŒbernimmt die österreichische Rosenbauer International AG in Leonding den deutschen Aufbauhersteller. 2002 endet die Zeit der Metz-Löschfahrzeuge endgĂŒltig. Fortan baut Metz unter der FĂŒhrung des österreichischen Rosenbauerkonzerns nur noch Drehleitern. Der Name Metz verschwindet 2015 endgĂŒltig, nachdem Rosenbauer im Zuge einer Umorganisation das badische Tochterunternehmen als Rosenbauer Karlsruhe GmbH & Co. KG firmiert. Metz bleibt im Slogan âMetz Technologyâ erhalten.
Literatur
- Ambrosius, Rolf J.: Magirus. Die Geschichte eines Ulmer Unternehmens. 1864 â 1935, Biberach 1997.
- Brennecke, Bodo: Rote Riesen. Lösch-Exoten: Feuerwehren auf Kaelble-Chassis, In: Historischer Kraftverkehr, Nr. 6, 2001, S.
- Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 16, Berlin: Huss-Medien, Verl. Technik 2005.
- Fischer, Klaus: Löschgruppenfahrzeuge LF 8, Berlin: Huss-Medien, Verl. Technik 2003.
- Gihl, Manfred: Geschichte des deutschen Feuerwehrfahrzeugbaus, Bd. 2., Von 1940 bis heute. Stuttgart: Kohlhammer 1999.
- Gihl, Manfred: Geschichte des deutschen Feuerwehrfahrzeugbaus, Bd. 1., Von den AnfÀngen bis 1940. Stuttgart: Kohlhammer 1997.
- Gihl, Manfred: Handbuch der Feuerwehr-Fahrzeugtechnik, 3., ĂŒberbearb. Aufl. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer 1994.
- Rolf Metzger: 150 Jahre Metz FeuerwehrgerÀte. Ein Unternehmen schreibt Feuerwehrgeschichte, 1992.
- Paulitz, Udo: Drehleitern und Löschfahrzeuge: Metz und Mercedes Benz, Stuttgart: Motorbuch Verlag 2001.
- Rabe, Klaus: Der Zukunft ein StĂŒck voraus. 125 Jahre Magirus, DĂŒsseldorf 1989.