Rezension von VegetationsbrandbekÀmpfung aus der Reihe Einsatzpraxis Feuerwehr

Buchcover Cimolino et al "VegetationsbrandbekÀmpfung"

Ist es im Sommer lĂ€nger anhaltend trocken, steigt auch in unseren Breitengraden die Gefahr von BrĂ€nden auf Wiesen und in WĂ€ldern. Auch wenn wir hierzulande nicht von den gigantischen FeuersbrĂŒnsten Nordamerikas oder Australiens betroffen sind, stellen BrĂ€nde in der Vegetation die Feuerwehr vor Herausforderungen, die durch Fortbildung und Übung zu vermitteln und im Rahmen der Einsatzplanung zu beachten sind. Und mit einer Zunahme dieser EinsĂ€tze ist aufgrund der klimatischen VerĂ€nderungen zu rechnen – auch in den weniger warmen Jahreszeiten.

Anders als ein GebÀudebrand

Ein Vegetationsbrand verlangt eine eigene Taktik und fordert die BerĂŒcksichtigung spezifischer GefĂ€hrdungen. Taktiken aus der GebĂ€udebrandbekĂ€mpfung sind ungeeignet, gleichzeitig gibt es aber keine bundeseinheitlichen Ausbildungs- und Einsatzvorschriften fĂŒr die VegetationsbrandbekĂ€mpfung, mehr noch, vorhandene Erfahrungswerte sind lĂ€ngst vergessen. In Summe fĂŒhrt das zur UnterschĂ€tzung von als harmlos erscheinenden Lagen – was bisher „nur“ zu zerstörten Feuerwehrfahrzeugen in Deutschland gefĂŒhrt hat. Ebenfalls fatal wirkt sich der Mangel an verlĂ€sslichen statistischen Einsatzzahlen zu diesen BrĂ€nden aus. Das ist die Ausgangslage, die Cimolino et al. in dem Buch „VegetationsbrandbekĂ€mpfung“ aus der Reihe Einsatzpraxis Feuerwehr schildern.

Gefecht verbundener Waffen

Die Autoren greifen den Aspekt zunĂ€chst von der begrifflichen Seite an und fordern eine sachgemĂ€ĂŸe Neudefinition des DIN-Brandes, der KomplexitĂ€t und FlĂ€che beinhaltet. Doch auch innerhalb der Feuerwehren und der beteiligten Hilfsorganisationen sind Begrifflichkeiten eindeutig zu operationalisieren, damit die Lage effektiv zu fĂŒhren ist. Es genĂŒge nicht, dies lokal voranzutreiben, weil entsprechende Einsatzlagen in aller Regel ĂŒberregional sind. Deshalb fordern die Autoren mehr organisatorische Schnittstellen, wer diese allerdings schaffen soll, bleibt offen. Gemeinsame Begrifflichkeiten stellen dabei die Basis fĂŒr das aus dem militĂ€rischen Bereich entlehnte „Gefecht verbundener Waffen“ dar, d. h. Informationen, Lagefeststellung und Mitteleinsatz sollten eng verzahnt sein.

Erfolg und Misserfolg hĂ€ngen immer von den FĂŒhrungskrĂ€ften ab. Sie mĂŒssen nicht nur wissen, was andere Organisationen leisten können, sondern sie mĂŒssen bei Eintreffen an der Einsatzstelle die Art des Vegetationsbrandes identifizieren und Möglichkeiten und Grenzen von Taktiken und Werkzeugen kennen.

Denn die VegetationsbrandbekĂ€mpfung unterscheidet sich grundlegend von der GebĂ€udebrandbekĂ€mpfung, worauf die Autoren mehrfach hinweisen. Gerade in taktischer Hinsicht zeigen die Autoren viele Schwachpunkte bei den Feuerwehren und attestieren: „Es fehlen vielerorts alle Grundlagen“ (S. 159).

Die Autoren beschreiben die verschiedenen Typen von VegetationsbrĂ€nden und deren Eigenschaften ebenso wie die zur BrandbekĂ€mpfung zur VerfĂŒgung stehenden hand- und maschinengefĂŒhrten Einsatzmittel sowie Standardtaktiken. Dabei zeigt sich, dass man bereits mit einfachen Mitteln und entsprechender Ausbildung die halbe Miete hat. Medienwirksam inszenierte Forschungsvorhaben und Einsatzmittelvisionen verstellen aus Sicht der Autoren den Blick hierfĂŒr.

Als grundlegende Vorgehensweise schlagen die Autoren das LCES-Schema vor. Die einfache taktische Waldbrandprognose zur EinschÀtzung von Lagen empfehlen die Autoren als Merkregel.

Problemorientiert analysieren die Autoren die bestehende AusrĂŒstung (Einsatzmittel, PSA, Fahrzeuge) und geben Tipps fĂŒr den Beschaffungsprozess. Das Stichwort hier lautet mulitusability. Aber: Ohne den Einsatz von Fachspezialisten geht es bei der VegetationsbrandbekĂ€mpfung meist trotzdem nicht.

Das Thema Hubschraubereinsatz greifen die Autoren sehr ausfĂŒhrlich auf und zeigen neben den Einsatzmöglichkeiten, auch grundsĂ€tzliche Defizite aufseiten der Feuerwehren und kommenden Problemen bei den neuen Hubschrauberflotten.

Fazit

Gewohnt kritisch, sachlich und ausfĂŒhrlich betrachten die Autoren der Reihe Einsatzpraxis das Thema VegetationsbrandbekĂ€mpfung und analysieren schonungslos den Istzustand, dem sie das fĂŒr derartige EinsĂ€tze Notwendige gegenĂŒberstellen. Die problemorientierte Darstellung rĂŒckt nicht nur so manche „Urban Myth“ ins richtige Licht, sondern zeigt auf, dass mit dem einfachen Mitteln eine große Wirkung erzielt werden kann, wenn Wissen und Erfahrung vorhanden sind, aber vor allem eine entsprechende Ausbildung auf Basis der Feuerwehrdienstvorschrift angeboten wird. Dennoch ist den AusfĂŒhrungen ein leicht pessimistischer Unterton anzumerken, denn, so die Autoren, in Deutschland verschlafe man viele Entwicklungen und fĂ€llt sogar hinter das Erreichte zurĂŒck.

„Ohne eine dauernde und ausreichende Aus- und Fortbildung aller beteiligten Feuerwehren im Einsatzgebiet im Bereich der VegetationsbrandbekĂ€mpfung ist ein sicherer und effektiver Einsatz nicht möglich (..).“ (S. 202). Zusammengefasst lautet das Mantra: Erfahrungen auswerten, Wissen erwerben, Einsatzmittel anpassen, denn „Technik ersetzt keine Taktik“ (S. 202).

Bibliografische Daten

Cimolino, Ulrich; Maushake, Detlef, SĂŒdmersen, Jan; Zawadke, Thomas: VegetationsbrandbekĂ€mpfung. Aus der Reihe Einsatzpraxis Feuerwehr. Landsberg: ecomed 2015. 260 S.; 240 mm x 170 mm; ISBN 978-3-609-69717-8; EUR 44.99.- (Update 2022: Buch nicht mehr erhĂ€ltlich)