Eine Kolumne von Dr. Ulrich Cimolino

Verunfalltes Feuerwehrfahrzeug. Bild: feuerwehr-weblog.de/sc

Verunfalltes Feuerwehrfahrzeug. Bild: feuerwehr-weblog.de/sc

In den letzen Monaten gab es leider wieder einige schwere Unfälle von alarmierten Kollegen der FF auf dem Weg zum Gerätehaus, von Einsatzfahrzeugen auf dem Weg zur Einsatzstelle und einige mich sehr nachdenklich machende Wortgefechte sowohl auf Tagungen, wie auch im Internet (zunehmend hitziger auch mit „Nicht-Feuerwehrangehörigen“ in den Social Medias).

Alleine die Diskussionen um Sonder- bzw. Wegerecht nach §§ 35 und 38 StVO füllen in den einschlägigen Foren oder Social Medias Bände und wiederholen sich spätestens im Drei-Monatsrhythmus. Neben der leidigen Sonderrechtsdiskussion gibt es nur noch wenige Themen, die ein derartiges Echo erzeugen: Nachdem beinahe jeder fast jedes Fahrzeug kaufen kann, weil es immer weniger Einschränkungen gibt, bleiben Umbenennungen von Dienstgradbezeichnungen im Zuge der Reform einer Laufbahnverordnung der FF, oder die Spekulation mit wieviel Liter Wasser im Innenangriff mindestens vorgegangen werden muss.

Haben wir wirklich keine anderen Sorgen?

Leider kommt es aber gerade bei sicherheitsrelevanten Themen zu teils haarsträubenden Behauptungen.

Um es ganz klar und deutlich zu sagen:

Feuerwehrfahrzeuge, deren Besatzung und deren Benutzung unterliegen prinzipiell den gleichen Vorschriften, wie jedes andere KFZ.

Hierzu zählen

  • Straßenverkehrsordnung (StVO)
  • Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)
  • Fahrerlaubnisverordnung (FeV)
  • einschlägige DIN-Vorschriften für Feuerwehr- (und Rettungsdienst)-Fahrzeuge
  • Unfallverhütungsvorschriften
  • ADR bzw. GGVSEB

Im Einsatzfall ist die Feuerwehr von bestimmten Vorschriften befreit. Mit Sicherheit – bzw. WEGEN UNSERER Sicherheit jedoch nicht von allen!

Wenn wir alarmiert werden und mit privaten PKW zum Gerätehaus fahren, dürfen wir Sonderrechte in Anspruch nehmen. Aber es rechnet kein Mensch damit, daß plötzlich ein Privat-PKW mit 100 km/h durch eine Tempo-30-Zone oder über eine rote Ampel rast. Kein Richter wird uns hier in diesem Ausmaß „Sonderrechte“ zugestehen – und das ist gut so!

Wenn Ladung (z.B. PA-Flaschen, Benzin-Kanister) transportiert wird, so muß diese selbstverständlich so gesichert werden, daß keine Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer und die Fahrzeuginsassen besteht, auch wenn es sich um einen Einsatz handelt. Die Verpflichtung zur Ladungssicherung und ggf. auch Kennzeichnung gilt umso mehr, wenn es sich nicht um einen Einsatz, sondern nur eine Versorgungsfahrt handelt!

Fahrzeuge dürfen grundsätzlich nicht überladen werden. Abgesehen vom Verstoß gegen diverse Rechtsvorschriften verändert sich mit zunehmender Überladung auch noch massiv deren Fahrverhalten. Auf längere Sicht werden zudem Schäden am Fahrwerk und den Reifen provoziert. Insbesondere sind dabei auch die gewichtsbezogenen Führerschein- und Geschwindigkeitsgrenzen zu beachten! (Ein 5,5 t schwerer bzw. leichter Klein-LKW mit heute oft 160 – 200 PS kann zwar problemlos weit über 160 km/h erreichen, darf das aber im Normalfall nicht – auch hier gilt die 80 km/h-Grenze für Fahrzeuge über 3,5 t zGM! Ganz davon abgesehen ist auch nicht die erreichbare Geschwindigkeit interessant, sondern wie er davon im Bedarfsfall schnell UND sicher wieder auf „0“ km/h kommt….. Macht es also Sinn, derartige Fahrzeuge im Einsatzfall so schnell wie möglich zu bewegen?)

Wenn Fahrzeuge über eine bestimmte Zahl zugelassener UND eingetragener Sitzplätze verfügen, so dürfen auch im Einsatz NUR diese – und nicht mehr(!) – benutzt werden!

Das Ziel darf nicht sein, vielleicht der/die

  • erste Maschinist/in, Fahrzeugführer/in oder Angriffstrupp im Fahrzeug (dafür eventuell mit noch nicht angelegter oder gar ohne ausreichende Schutzkleidung),
  • schnellste Fahrer/in (dafür irgendwann auch der/die Erste im Graben)
  • schnellste PA-Trupp (dafür meist nur mit der Hälfte der erforderlichen Ausrüstung und nur teilweise verstandenem Einsatzauftrag)
  • ….

zu sein, sondern zügig, sicher und komplett an der Einsatzstelle als sofort einsetzbare, schlagkräftige und professionell arbeitende Einheit anzukommen!

Über den Autor

Dr. Ulrich Cimolino ist seit 1981 in der Feuerwehr aktiv, zunächst freiwillig, seit 1991 auch hauptberuflich. Der Sicherheitsingenieur leitete von 1993 – 1998 die Abteilung Ausbildung und seit 1997 die Abteilung Technik bei der Feuerwehr Düsseldorf. Darüber hinaus arbeitet er fest im Fachnormenausschuss Löschfahrzeuge im Deutschen Institut für Normung und im Arbeitskreis Technik der AGBF NW mit. Einem breiteren Feuerwehrpublikum ist er vor allem durch seine umfangreiche publizistische Tätigkeit zu Themen rund um „die Feuerwehr“ und zahlreiche Seminare, Tagungen und Vorträge bekannt.

[cimolino.de | einsatzpraxis.org | standardeinsatzregel.org | einsatzleiterhandbuch.org]

Off Topic

An jedem ersten Dienstag im Monat erscheint eine Kolumne im Feuerwehr Weblog. Begonnen hat dies am 6. September 2016. Gerne dürfen auch unsere Leser ein Thema aufgreifen und uns einen Text zusenden, gleichzeitig versuche ich (namhafte) Feuerwehrangehörige oder der Feuerwehr nahe stehenden Personen hierfür zu gewinnen. Da wir ein privates, nicht-kommerzielles Medium sind, bleiben als Belohnung nur der Ruhm, die Anerkennung und die Meinungsfreiheit. Überlegt es euch.