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Gestern Abend (8. Januar 2015) zeigte die SWR-Sendung „Zur Sache Baden-WĂŒrttemberg“ einen Beitrag ĂŒber den Mitgliedermangel in den freiwilligen Feuerwehren Baden-WĂŒrttembergs. Auch wenn der Beitrag etwas populistisch daher kam und meiner Meinung nach an einigen Stellen sachlich nicht ganz korrekt war, wurde das Thema, das Problem, an sich anschaulich dargestellt. Dennoch beschĂ€ftigten mich in der Folge der Grundtenor des Beitrages bzw. zwei Aussagen: die eine, nach der es in Baden-WĂŒrttemberg nur acht Berufsfeuerwehren und ansonsten nur freiwillige Feuerwehren gĂ€be sowie die Aussage des Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Baden-WĂŒrttemberg, dass die Zukunft der Feuerwehr hauptamtlich sei.

Zur ersten Aussage gibt es nur eines zu sagen: falsch dargestellt. Es haben nur acht StĂ€dte eine Feuerwehr mit dem Status Berufsfeuerwehr, in vielen StĂ€dten ĂŒber 50.000 Einwohner gibt es aber hauptamtliche Wachbereitschaften, die teilweise sogar die MannschaftsstĂ€rke kleinerer Berufsfeuerwehren erreichen und die sogar verbeamtete EinsatzkrĂ€fte haben, ohne Berufsfeuerwehr zu sein. Nun ist es in Baden-WĂŒrttemberg so, dass man Letzteres in der Kommunikation weitgehend unter den Tisch fallen lĂ€sst – warum, darĂŒber kann man nur spekulieren. So findet sich z.B. keine Statistik darĂŒber, wie viele hauptamtliche Feuerwehrangehörige es in Baden-WĂŒrttemberg in freiwilligen Feuerwehren gibt.

Es gibt – soweit mich mein GedĂ€chtnis nicht trĂŒgt und ich die entsprechenden Angaben auf die schnelle zu Hand hatte – in Ulm (47), Baden-Baden (40), Esslingen (22), Konstanz (21) grĂ¶ĂŸere hauptamtliche Wachen, gefolgt von Göppingen (11), Sindelfingen (8), Friedrichshafen (8?), Böblingen (8), Kehl (8), Lörrach (7), Aalen (6), SchwĂ€bisch GmĂŒnd (6), Waiblingen (3) sowie Bruchsal (?). (Die Liste ist unvollstĂ€ndig). Der Übergang zwischen hauptamtlicher Wache, gemessen an der PersonalstĂ€rke, zu hauptamtlichen GerĂ€tewarten scheint fließend. Letztere gibt es nĂ€mlich in sehr vielen Gemeinden. Allerdings erreichen diese hauptamtlich angestellten bei Weitem nicht die Summe von ĂŒber 2.000 Berufsfeuerwehrleuten bei den acht Berufsfeuerwehren (Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Heilbronn, Heidelberg, Reutlingen, Pforzheim, Freiburg).

Es liegt auf der Hand, dass man mit einer kleinen Anzahl von hauptamtlich Angestellter nur KleinsteinsĂ€tze abarbeiten bzw. Erstmaßnahmen durchfĂŒhren kann. Ob inwieweit man sich an die entsprechenden Feuerwehrdienstvorschriften dann auch hĂ€lt, ist eine andere Geschichte.

Die zweite Aussage, die mich nicht ĂŒberrascht, und die auch ich mehrfach wiederholt habe, ist die, dass die Zukunft hauptamtlich ist. Aber angesichts der Problematik richtet nicht jede Stadt ĂŒber 40.000 Einwohner, wie im Beitrag genannt, plötzlich eine stĂ€ndig besetzte Wache ein. Denn auch Personalkosten mĂŒssen refinanziert werden und schon jetzt stöhnen viele Gemeinden unter zusĂ€tzlichen, von Land und Bund ĂŒbertragenen und zu finanzierenden Aufgaben. Ich erspare mir die schon an andere Stelle bereits durchgefĂŒhrten Beispielrechnungen zu StĂ€rke und Kosten hauptamtlicher Wachen, nur so viel, mit beispielsweise 3 Angestellten ist die Problematik nicht lösbar. Will ich effektiv vorgehen, brauche ich Minimum eine Staffel – und das 365 Tage im Jahr.

Es kommt aber noch ein anderes Problem zum Tragen. Die freiwilligen Feuerwehren jammern, der demografische Wandel – der ja schon seit Jahrzehnten (in Baden-WĂŒrttemberg seit den 1960iger Jahren prognostiziert) bekannt ist – schmelze den Personalpool ab. Ja, glaubt ihr, dieses Problem betrifft nur die FF? Auch Berufsfeuerwehren und hauptamtliche Wachbereitschaften bekommen diesen Trend langsam zu spĂŒren. Lege ich Aussagen von persönlich bekannten Berufsfeuerwehrleuten zugrunde, bleiben immer mehr Stellen unbesetzt, weil man keine Leute findet. Und die Babyboomer, die bei den Berufsfeuerwehren das Gros der KrĂ€fte stellen, sind noch nicht einmal alle im Ruhestand.

Um den hauptamtlichen Feuerwehrdienst attraktiv zu machen, mĂŒsste man mehr Geld, als bisher in die Hand nehmen, insbesondere im Bereich der feuerwehrtechnisch Angestellten, wo es eine große Bandbreite verschiedener ArbeitsvertrĂ€ge gibt, um diese Arbeit attraktiv zu machen. Die Aussicht auf Opt-out-ArbeitsvertrĂ€ge mit 60 Wochenarbeitsstunden, erzwungener Mehrarbeit, 
, weil Geld fĂŒr Personal fehlt, ist keine schöne Perspektive und macht den Beruf Feuerwehr nicht attraktiver als andere Stellen. So gesehen relativiert sich die Aussage, die Zukunft ist hauptamtlich, egal ob öffentlich oder privat betrieben, ein wenig.

FĂŒr mich beißt sich die Aussage bezĂŒglich Hauptamtlichkeit mit dem Versuch, das Ehrenamt wieder in den Fokus der Gesellschaft zu rĂŒcken. Wenn man kommuniziert, dass es zukĂŒnftige mehr hauptberufliche Feuerwehrleute gibt, wieso soll ich dann zur freiwilligen Feuerwehr gehen? Hierzu am Schluss eine provokante These, fĂŒr die ich mir kritische und sachliche Antworten erhoffe: Eine hauptamtliche Feuerwehr kann allein schon aus organisationssoziologischen Motiven heraus gar kein Interesse an der StĂ€rkung der freiwilligen Feuerwehr haben, sodass die Aussage, die Zukunft muss hauptamtlich sein, dem Interesse nach Erhalt und VergrĂ¶ĂŸerung des eigenen Systems, der eigenen Organisation dient.

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