Warum kaputte StraĂen auch die Feuerwehren interessieren sollten
 Man stelle sich vor, die Feuerwehr kann zu einem Brand nicht innerhalb der Hilfsfrist zur Tat schreiten, weil die auf dem Weg zum Einsatzort liegende BrĂŒcke von Fahrzeugen ĂŒber 3,5 t aus statischen GrĂŒnden nicht mehr befahrbar oder sogar vollstĂ€ndig gesperrt ist. StraĂen können nicht mehr in Anspruch genommen werden, weil die Schlaglochanzahl ein rasches Vorankommen nicht erlaubt, ohne die Sicherheit der Fahrzeuginsassen zu gefĂ€hrden. SchlieĂlich kann Wasser aus dem öffentlichen Hydrantennetz nicht mehr gefördert werden, weil das Rohrleitungssystem nicht mehr gewartet wurde und das meiste Wasser irgendwo versickert. Wegen fehlender Barrierefreiheit konnten sich die betagten Bewohner des brennenden GebĂ€udes selbsttĂ€tig nicht mehr in Sicherheit bringen. âŠ
 Baustelle öffentliche Infrastruktur
Unrealistisches Szenario? Eher nicht. TatsĂ€chlich wird die öffentliche Infrastruktur fĂŒr die Gefahrenabwehr zu einer Behinderung, wenn sie weiter verfĂ€llt. Um die Haushalte zu konsolidieren, unterblieb in der Bundesrepublik seit Jahren die Investition in StraĂen, BrĂŒcken, Wasserleitungen usw. GegenwĂ€rtig mag das mehr Ărgernis als echtes Problem sein, wenn eine StraĂe wegen Schlaglöchern nur mit verminderter Geschwindigkeit befahren werden darf oder wenn es zu einem Wasserrohrbruch kommt.
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 Folgen fĂŒr Wirtschaft und Sicherheit
FĂŒr die Zukunft stellt der von Kreditanstalt fĂŒr Wiederaufbau allein fĂŒr die kommunale Ebene bezifferte InvestitionsrĂŒckstand von etwa 100 Milliarden Euro eine echte Krux dar.1 FĂŒr die BundesstraĂen sieht es nicht viel rosiger aus.2 Der Deutsche StĂ€dte- und Gemeindetag warnte auf seiner Bilanzpressekonferenz fĂŒr 2012, dass der âVerfall der Infrastruktur ⊠zunehmend zur Wachstumsbremse (wird).â3 Dieser Niedergang hat allerdings nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch einen sicherheitslastigen Aspekt.
 Einnahmen und Ausgaben
Die vergreisende Bevölkerung in Deutschland fĂŒhrt zum Absinken der Wirtschaftsleistung, weil weniger Menschen arbeiten, und damit zu geringeren Steuereinnahmen. Gleichzeitig benötigt der Staat finanzielle Mittel zum Erhalt und Anpassung seiner Infrastruktur. Eine greise Bevölkerung hat durchgĂ€ngig andere BedĂŒrfnisse hinsichtlich Barrierefreiheit, als eine agile. Doch die dafĂŒr zusĂ€tzlich bis 2030 benötigten 53 Milliarden Euro fehlen ebenso.4
RĂŒckzug aus der FlĂ€che
Weniger Einnahmen bei gleichbleibenden oder steigenden Ausgaben fĂŒhren zu einer Spirale der Verschuldung und zum Aufschub von Investitionen. Schwarzmalerei? Wohl kaum, weil in einigen Kommunen lĂ€ngst bittere RealitĂ€t.5 Aufgeschobene Investitionen haben sekundĂ€re Effekte, wie besagtes VerlĂ€ngern oder vollstĂ€ndiges Versagen der Hilfsfrist. Zielgerecht entgegenwirken lĂ€sst sich dem nur mit Geld, mit massiv viel Geld oder alternativ dem Aufgeben von ganzen Siedlungen und StraĂenzĂŒgen, um die Sicherheit der Menschen an anderem Ort zu gewĂ€hrleisten. Gleiches trifft auf die ebenfalls vom Damoklesschwert der Demographie und Finanzierung betroffene Gefahrenabwehr zu, die, statt weiter dem dezentralen Konzept zu folgen, sich dort konzentrieren muss, wo die Menschen leben, und wo das TĂ€tigwerden im Einsatzfall durch die Infrastruktur gewĂ€hrleistet ist.6
3 http://www.dstgb.de/dstgb/Pressemeldungen/Reformstau%20im%20Wahljahr%20vermeiden/
4 O.A.: Alterung nimmt rasant zu. In: Behörden Spiegel, Nr. I, 29. Jg., 3. Woche, Jan 2013, S. 7
5 Welche Folgen eine vergreisende und zurĂŒckgehende Bevölkerung fĂŒr eine Gemeinde hat, zeigen Bose/Wirth am Beispiel der thĂŒringischen Kleinstadt Johannesgeorgenstadt. Der Erhalt der Infrastruktur finanziert sich durch Steuern und Abgaben, die in Summe fĂŒr den Einzelnen steigen, je geringer die abgabenpflichtige Bevölkerung ist. Marc Bose, Peter Wirth: Gesundschrumpfen oder Ausbluten. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 21-22, 2006, S. 18-24. (PDF)
6 Vgl. Barlösius, die ausgehend von der Feststellung Matthias Platzecks, dass es die im Grundgesetz postulierten gleichwertigen LebensverhÀltnisse nicht (mehr) gibt, in rÀumlicher Hinsicht eine Differenzierung vorschlÀgt, die nahe an den Gedanken der sozialrÀumlichen Konzentration kommt. Eva Barlösius: Gleichwertig ist nicht gleichwertig, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 37, 2006, S. 16-22. (PDF)