rauschen_unscharf

Iraklis Beitrag „Unterwegs im Tilt-Shift-Web“ rief einen, mehr oder weniger, unterdrückten Impuls in mir hervor, der sich bildlich ebenfalls mit der Metapher „Schärfe“ und „Weichzeichnen“ veranschaulichen lässt. In den letzten Monaten habe ich mir Gedanken gemacht, worüber ich im Feuerwehr Weblog schreiben könnte, was ich „scharf stellen möchte“, worauf ich den Fokus richten könnte.

War das Bloggen zu Beginn der Vorstoß in den „weich gezeichneten Bereich“, das Unbekannte („Acht Jahre in Betracht mitgebracht“), tue ich mich derzeit schwer Sachverhalte zu demaskieren, die für die Feuerwehrwelt Neues und Unbekanntes darstellen. Klar, es gibt neue Fahrgestelle, weiterentwickelte Taktiken, ungewöhnliche rechtliche Interpretationen, die Beschäftigung hiermit erfordert bisweilen Spezialwissen, das hin und wieder über den Horizont des Otto-normal-Feuerwehrmannes – und des Blog-Schreibers! – hinausgeht und für ihn keine praktische Relevanz hat. Spezialthemen aufzugreifen, ginge an der Masse der interessierten Feuerwehrleute vorbei und würde sich bloß an einen kleinen, elitären Zirkel richten. Will ich das? Muss ich das? Ist das überhaupt notwendig?

Vieles von dem, was ich und andere medial aufgreifen, war schon mal da, wurde vordem diskutiert und hat einen Bart. Das zu Beginn unscharfe Bild ist im Laufe der Zeit beharrlich schärfer geworden. „Kennen wir schon“, „Müssen wir nicht mehr diskutieren“ ist in der Folge die häufigste Reaktion. Warum alte Zöpfe schneiden? Diejenigen, die es scharf sehen, gewahren keine Veranlassung, das Bild neu zu gestalten. Es ist augenscheinlich scharf und wird scharf fortleben.

Es gibt jedoch einen Grund, wieso bestimmte Themen eine Reinkarnation erfahren. Was für den Einen dank Expertise und Erfahrung sichtbar, scharf, ist, begegnet dem Anderen unscharf, weil Erlebnis und Empirie fehlen. Anders als Thomas A. „Neo“ Anderson in der Matrix bekommen neue, junge Feuerwehrleute jahrzehntelanges Feuerwehrwissen nicht mit „Plug and play“ im Grundlehrgang injiziert. Im Laufe der Dienstzeit ergeben sich darum wiederkehrende Fragestellungen und das Bild muss – man glaube es kaum –, scharf gestellt werden. Ich finde diesen Prozess in hohem Maße subjektiv, nicht jeder kann alles wissen, nicht für jeden ist die geballte Feuerwehrweisheit zu Beginn scharf gestellt. Daraus leite ich die Legitimation ab, Materien medial aufzugreifen, die für Andere ein alter Hut sein mögen, für mich und weitere wegen der Unschärfe dagegen unbekannt sind. Ein Foto ist immer nur eine Interpretation der Realität. Jeder interpretiert es aber anders, „sieht andere Dinge scharf“.