Die Wahl der eigenen Führungskräfte machte die Freiwilligen Feuerwehren in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Vorreitern der demokratischen Bewegung. Bis dato gab es ein solches Vorgehen bei der Bestimmung von Führungspersonen in dieser Breite nicht. Trotz ihres zweifelsohne wertvollen, ehrenamtlichen Dienstes für die und an die Gemeinschaft, blieben Ressentiments bei der Obrigkeit bestehen, die nach der gescheiterten Revolution von 1848/9 mitunter zum Verbot und zur Auflösung von Feuerwehren beitrug.

Die Ehrenamtlichkeit und die Wahl der Führungskräfte sind über 150 Jahre nach der Gründung der ersten Freiwilligen Feuerwehr ein sie stetig charakterisierendes Grundelement – trotz eines nicht zu leugnenden Prinzips von Befehl und Gehorsam außerhalb der Wahlen. Gerade weil die Feuerwehrangehörigen die Möglichkeit der Direktwahl ihrer Führungspersonen haben, sollten sie diese Gelegenheit selbst nutzen – im aktiven wie passiven Sinne.

Doch was bedeutet Wahl in der Feuerwehr tatsächlich? Zunächst setzt sie das Vorhandensein von wählbaren Kandidaten voraus. Gemeint ist damit auf der einen Seite die Erfüllung formeller Voraussetzungen, die in der Satzung festgeschrieben sind, auf der anderen Seite sollte ein Kandidat überdies bestimmte menschliche Kriterien aufweisen. Zu letzterer Prämisse gehören als intrinsische Faktoren die Akzeptanz und Anerkennung innerhalb der Mannschaft, ebenso wie die fachliche Eignung. Neuerdings erringen zwei extrinsische, limitative Sachverhalte an Relevanz: zeitliche Verfügbarkeit und Zuspruch durch Familie und Arbeitgeber.

Diese Merkmale engen den Kreis wählbarer Personen in der Regel deutlich ein, sodass oftmals keine Wahlalternative zurückbleibt. Nicht selten findet dann die Wahl um der Wahl willen statt. Bisweilen gibt es Wahlen, die eher dem Zweck der Zementierung dynastischer Beziehungen dienen, sprich, wählbar sind von vornherein bloß Kameraden, die in verwandtschaftlicher Beziehung zueinander stehen. Der wesenhaft geheime und auf Räsonnement basierende Wahlvorgang gleicht damit der Akklamation. Das Prinzip der freien Wahl der Führungskräfte ist gleichsam ad absurdum geführt. Fachliche und menschliche Eignung bleiben eventuell auf der Strecke und verzweigen in die Sackgassen Frust und Demotivation.

Wählen heißt zuerst diskutieren. Ad hoc der beste Zeitpunkt ist, getreu dem Motto „nach der Wahl ist vor der Wahl“, unmittelbar nach dem Wahlgang. Langfristige Planung tut not, auch wenn die wirtschaftlich-gesellschaftliche Dynamik vor der Institution Feuerwehr nicht Halt macht, auch wenn dem Feuerwehrmann das Denken in langen Zeiträumen zuwider ist, auch wenn sich fortwährend die gleichen Probleme stellen, auch wenn man unpopuläre Themen anspricht.

Über das Vorgehen bei einer Nachfolgeregelung sollten sich alle Feuerwehrangehörigen beizeiten einig in dem Sinne sein, dass zunächst früh die formellen Prämissen erledigt sein oder die Weichen dafür gelegt werden müssen. Unvermittelt, wenige Monate vor einer Wahl, die Alternativlosigkeit eines Wahlvorschlages zu betonen und damit einen Diskurs abzuwürgen, macht wenig Sinn, weil sich damit der Ausgang einer freien Wahl selten beeinflussen lässt. Dies zeugt zugleich von einem fehlenden, langfristigen, strategischen Denken. Vermeiden lässt sich eine derartige Konstellation lediglich durch das rechtzeitige Schaffen der Voraussetzungen, die zum passiven Wahlrecht geleiten, und einer offenen und ehrlichen Diskussion, die unabhängig vom Ansehen der Person voranzutreiben ist. Letzteres ist schwierig, weil, analog dem Leben außerhalb der Feuerwehr, die Bastion der Meinungsführerschaft schweres Geschütz auffährt, um womöglich von eigenem Versagen abzulenken.

Das passive Wahlrecht besagt, dass sich ein Feuerwehrangehöriger zur Wahl stellen kann, ohne eine formelle Bewerbung abgeben zu müssen. Zweifellos ist es besser, sich zu erklären, seine Ziele und Beweggründe darzulegen. Natürlich lässt sich ein Kamerad dabei ohne dessen aktive Wahlaufstellung wählen, aber ist das eine nachhaltige Option? Wer sich ehrenamtlich engagiert oder längst irgendeiner Form der Befehlsebene angehört, sollte sich regelmäßig die Frage stellen, ob ein Führungsamt unter den persönlichen Voraussetzungen als erstrebenswert gilt. Denn auch das ist Teil des Ehrenamtes: Wählbar zu sein.