Im Rahmen der Recherche zu einem Buch durfte ich mich wieder einmal mit dem Thema „das ideale Strahlrohr“ auseinandersetzen. Vorweg: Als ich mich das erste mal bewußt mit dem Thema auseinandergesetzt habe, war ein Hohlstrahlrohr noch ein  ganz abgefahrenes, ungenormtes Spielzeug, was sich die meisten  Feuerwehren an ihrem Schnellangriff leisteten. Daneben gab es noch Hochdruck als die Hightechwaffe elitärer Feuerwehren. Heute ist ein Hohlstrahlrohr Normalität bei deutschen Feuerwehren geworden. Das ist gut so, auch wenn einem die Artenvielfalt mittlerweile die Sprache verschlägt.

Nach wie vor wird aber zuwenig über das nasse Ende der Schlauchleitung nachgedacht – ganz im Gegenteil zum lauten Ende, an dem sich ganze Fahrzeugbschaffungskommittees aufreiben, Normenausschüsse an Kaffee hyperton getrunken haben und Dorffeuerwehren schmollend ihre und unsere Ideale verraten, weil das neue Auto nicht groß genug ist.

„Hard Facts“ gibt es wenige: Tröpfchengröße sollte bei 0,3 mm liegen, Löschwasserleistung nicht unter 200 (l/min) liegen, eher drüber und die maximale Lieferleistung, die ein FM am Strahlrohr bändigen kann liegt bei 500-600l.  Jetzt mal ohne Quellenangaben, das wären ein paar Seiten, müsst ihr mir eben glauben oder lest das Buch ;-)

Wenn ich so die vergangenen Jahre im Einsatzdienst einer recht rührigen FF, als Ausbilder in der RDA und hauptamtlicher Einsatzstellendirigent ansehe, ergeben sich folgende Dinge:

Es ist alles noch viel zu kompliziert. Kein Mensch verstellt Liefermengen an Strahlrohren im heißen Einsatz. Die Dosierung erfolgt über Auf/zu , vorbei man froh ist, dass der Handhebel für einen Hulk gebaut worden ist, da man mit nassen Handschuhen ein Feingefühl wie ein Boxer beim Essen mit Stäbchen hat. Grob muss das Ding sein.

Wieviel Wasser soll es denn nun sein? Meine Meinung: Soviel wie geht. 300-400 Liter. Wenn ich damit vor einem schmorgelnden Hähnchen stehe, war die Erkundung Mist, aber dann habe ich immer noch die Möglichkeit dem Vogel seine Freiheit wiederzugeben. Wenn ein Teil der Küchenzeile brennt, kann ich ganz vorsichtig mit dem Hulk-Hebel dosieren. Wenn ich aber im Flur  liege, die Luft an mir vorbeizischt um der Latexmatratze und dem Ikea-Schlafzimmer verbrennungsmäßig zu einem Anstieg der Wärmefreisetzungsrate in affenartiger Geschwindigkeit zu verhelfen, dabei die Wohnung so aufzuheizen, dass es innerhalb von 60 Sekunden nach feuerwehrbedingtem Eingangstürversagen, sehr sehr hell und sehr sehr heiß um mich wird, dann brauche ich (TimTaylor-Grunzen) POWER für den Tanz mit dem Teufel. Wasserschaden interessiert mich da erstmal recht wenig, da ein weiterer Wertverlust dank dem illustren Wirkungsgemisch des Brandrauches nicht zu erwarten ist.

Weitere Details im Einzelnen:

  1. Mannschutz? Breiter Sprühstrahl? Nie gebraucht. Maximal am Tag der offenen Tür, bei illegalen Wasserschlachten oder wenn man Gasflammen damit einfangen will. Eine Technik, die beim eh schon seltenen Gasbrand-Realeinsatz noch seltener angewandt werden sollte. Und zum Thema Flashover-Reflex in der Unterart artistisches Zu-Boden-Fallen-lassen ohne sich das Ventil abzuschlagen oder den Truppmann zu ermordern mit gleichzeitiger gezielter Wassergabe in eine meist imaginäre Durchzündung kann ich nur sagen: Klappt nicht. Einfach mal mit einem x-beliebigen Trupp ohne große Vorwarnung ausprobieren. Und in Deckung gehen nucht vergessen.
  2. Vollstrahl: Klar, den braucht man. Entweder wenn man leicht fröstelnd eine brennende Scheune beregnet oder nach dem Feuer ausmachen den Brandschutt einmal umrühren möchte, um endlich nach Hause fahren zu können. Das sind aber meistens alles Situationen, wo ich eher die Ruhe weg habe und auf die Spritze gucken kann, um sie korrekt einzustellen.
  3. Schmaler Sprühstrahl: Jepp. Damit wird Feuer im Innenangriff ausgemacht. Irgendwas um die 30 Grad. Damit kann ich fiese Rauchgase kühlen, Omas Wohnzimmer vor der Oxidation bewahren oder den Waldboden ablöschen.
  4. Handgriff? Hör mir auf. Dank eines US Kollegen kenne ich jetzt eine Technik, in der es egal ist, ob das Strahlrohr einen Handgriff oder nicht. Der Handgriff ist für das stationäre Löschen sehr nett, er verleitet aber eben auch zum stationären unbewegten Löschen, weil der Hebelarm zum Bewegen des Strahlrohres ungünstig ist. Und wenn man mehr Wasser und einen schmalen Sprühstrahl hat, muss man eins gewiss machen: Die Spritze bewegen!
  5. Move it! Auch da gibt es dann wieder zig Möglichkeiten. Mir erscheint da aber eine Technik am überzeugendsten, weil ich sie überall einsetzen kann: Rotieren. Mind. als Kreisimpuls bei der Rauchkühlung oder eben mehr Kreise beim Außenangriff, etc. Die Technik kann man z.B. hier sehen:

Einfach mal testen…

Wenn man das alles zusammennimmt, dann kommt etwas raus, was ich etwas lax als „Deppen-Spritze“ bezeichnen würde:

– Hohlstrahr, 300-400 l/min fest eingestellt,  mit monströsem Handhebel, flacher Sprühstrahl voreingestellt und arretiert, nach Lösen der Arretierung umstellbar nur auf Vollstrahl. Und alles recht klobig. Unkaputtbar. Und für die Fire-Heroes noch ein Reflextreifen…

[edit 11.07.13 by SC]