Feuerwehrleute bei der Unfallrettung

Einer gibt den Befehl, die Mannschaft folgt. Wie sieht dies aber außerhalb des Einsatzes aus?

„Das war schon immer so“, „Das haben wir immer schon so gemacht“ sind die wohl am häufigsten kolportierten Anti-Argumente, die ein Feuerwehrmann im Laufe seiner Zeit zu hören bekommt. Sie stehen für eine nicht näher bestimmte Antiquiertheit oder Konservativität des Abstraktums „Feuerwehr“ und lassen sich als impulsiver Abwehrreflex gegenüber (noch) nicht gewollten Veränderungen deuten. Zugleich ist diese Haltung prägend für die Diskussionskultur in einer Organisation.

Zunächst wäre die Frage zu stellen, ob wir überhaupt eine Diskussionskultur in der Feuerwehr benötigen, bekanntermaßen ist die Feuerwehr hierarchisch organisiert und Entscheidungen treffen die goldverzierten Häuptlinge – war schon immer so, wird immer so sein. Wirklich?

Wie kürzlich in der Kolumne über die Wahl von Feuerwehrführungskräften bemerkt, lebt die freie Wahl vom Diskutieren, Informationsaustausch und Disput. Was zu Wahlzeiten gilt, besteht gleichfalls zu Nicht-Wahlzeiten. Oder etwa nicht?

Diskussionsbedarf gibt es in der Feuerwehr reichlich, sei es der letzte Einsatz, die jüngste Übung, des Nachbars neueste Fahrzeugbeschaffung und, und, und. Substanziell kritisch sind diese bisweilen, wenn überhaupt, dann betrachtet man die Anderen differenziert, und verklärt sich selbst. Eine skeptische Kontroverse über eigene Vorgehensweisen, Verhalten und Verfehlungen findet vielmehr spärlich statt. Doch warum? Traut sich keiner den Mund aufzumachen? Will man schlechter Stimmung aus dem Weg gehen? Fühlt man sich nicht hinreichend fachkundig oder berechtigt?

Mitunter ist zu beobachten, dass Kritiker in einem bestimmten Milieu, zu dem ebenso die Feuerwehr gehört, als Spalter verunglimpft werden. Schnell ist dann sogar von unkameradschaftlichem Verhalten die Rede. Unkameradschaftlich durch Äußern von Kritik? Klingt komisch, ist aber zweifellos üblich. Die Krux ist, wer seine Meinung offen und ehrlich, ungeschminkt und ohne Ansehen der Person kundtut, eckt an, und macht sich damit unpopulär, zumindest bei einem Teil der Kameraden, im Worst Case zudem bei den Goldfasanen. Urteilslosigkeit als Kit der Kameradschaft?

Ist Kritik für uns offensichtlich so unangenehm, fürchterlich und unerfreulich? Kritik heißt etwas zu beurteilen, im griechischen Wortursprung drückt es ferner „unterscheiden“ oder „trennen“ aus. Unterschieden wird zwischen gut und böse, hell und dunkel, Brauchbarem und Nutzlosem. Ohne diese Trennung geht es nicht vorwärts, weil man nicht erkennt, was zu tun ist, um sich zu verbessern oder um eine Sache problemlos zu verstehen. Kritik ist folglich eng mit dem Fortschritt verbunden.

Wen interessiert die Meinung der Indianer? Wir müssen lernen unsere Ansichten, unsere Missbilligung oder unseren Tadel nicht unter dem Mantel der Verschwiegenheit zu halten. Solange sachliche Argumente überwiegen, ist der Zusammenhalt einer Gemeinschaft nicht zwischen zwei Feuern. Ist sie das doch der Fall, dann liegen zweifellos die in der letzten Kolumne kritisierten dynastischen Beziehungen, mit allen ihren Konsequenzen vor. Dass politische Dynastien nicht von Dauer waren, ist bekannt, dem Fortschritt sei dank.