Eigentlich wollte ich mich zu dem Thema („Offenburger Feuerwehrmann wird auf Weg zu Einsatz geblitzt – und muss Strafe zahlen“) nicht äußern, denn das wird ohnehin gerade totdiskutiert und mit Sachlichkeit kommt man in dieser emotionalen Kakofonie ohnehin nicht weit. Allerdings bin ich in den FUKnews 1/2016 (Link) – unabhängig von obiger Sache – auf einen Leitbeitrag („Sicherer Übungs- und Schulungsdienst“, S. 4-5) gestoßen, dessen Implikationen man durchaus in die genannte Diskussion einstreuen sollte. Es geht im Grunde um Gefahrenwahrnehmung. Eine Studie fand heraus, dass der Großteil der Unfälle bei jenen Tätigkeiten passiert, dessen Gefahren zuvor subjektiv unterschätzt wurden. Dies erklärt sich daraus, dass unsere Gefahreneinschätzung durch Erfahrungen und Lernvorgänge und deren Konsequenzen geprägt wird.

„Wenn etwas Positives passiert, wir also z. B. für eine Arbeit gelobt werden, ist es wahrscheinlich, dass wir das Verhalten wieder zeigen, und wenn etwas Negatives passiert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Verhalten nicht mehr zeigen. Dies scheint klar zu sein. Was aber passiert, wenn wir etwas Positives nicht bekommen, obwohl wir es erwartet haben oder etwas Negatives nicht bekommen, obwohl wir damit hätten rechnen müssen? Im ersten Fall sinkt die Wahrscheinlichkeit für unser Verhalten: Wir haben uns z. B. für eine Arbeit angestrengt und erwarten ein Lob hierfür – es bleibt aber aus. Wir werden uns beim nächsten Mal eher nicht mehr so sehr anstrengen. Im zweiten Fall steigt die Wahrscheinlichkeit für unser Verhalten:  Wir haben gegen eine Sicherheitsregel verstoßen – sind z. B. zu schnell gefahren oder haben ohne PSA (Persönliche Schutzausrüstung) gearbeitet. Eigentlich hätten wir hierfür eine Strafe erhalten müssen – sie bleibt aber aus. Wir werden beim nächsten Mal eher wieder zu schnell fahren oder ohne PSA arbeiten. Wir verstoßen gegen eine Sicherheitsregel, es passiert aber nichts Negatives, sondern unser Verhalten ist erfolgreich. Dies „verstärkt“ unser Verhalten, so dass wir es beim nächsten Mal genauso handhaben und beim übernächsten Mal und beim überübernächsten Mal usw. Letzten Endes führt dies dazu, dass wir die Situation bzw. Tätigkeit für ungefährlich halten, und wir beginnen, uns weniger zu schützen und der Tätigkeit weniger Aufmerksamkeit zuzuwenden.“ („Sicherer Übungs- und Schulungsdienst“ in FUKnews 1/2016,  S. 4-5)

Aber genau das ist doch die Sache im Fall des geblitzten Feuerwehrangehörigen: Straße gerade, augenscheinlich übersichtlich, in der Vergangenheit nix passiert; Also schnell fahren und in falscher Sicherheit wiegen. Routine eben. Es geht aber nicht nur darum, schnell am Feuerwehrhaus zu sein. Es geht darum sicher zu fahren, selbst unverletzt zu bleiben und keine Gefahr für andere darzustellen. Einfach mal über die lernpsychologischen Zusammenhänge nachdenken. Ich schätze mal, dass jeder von uns in dieser „Routinenfalle“ gefangen ist.