Bis vor Kurzem war ich der Auffassung, das Feuerwehrleistungsabzeichen (LAZ) sei eine Spielerei fĂŒr abzeichenjagende Kameraden, dessen Wiederkehr sich jĂ€hrlich anlĂ€sslich der „Kreiseimerfestspiele“ ereignet. Persönlich empfand ich es mehr als Klotz am Bein, denn als Gewinn, kostet es doch vor allem viel Zeit und Nerven, und haftete dem Ganzen doch etwas Folkloristisches an. Der unmittelbare Nutzen wollte sich mir zunĂ€chst nicht erschließen, denn das Durchlesen des Szenarios kam mir unrealistisch vor.

technical rescue / technische rettung

Inzwischen habe ich meine Meinung grundlegend geĂ€ndert. Auch wenn der Ablauf der LeistungsĂŒbung nicht ganz die RealitĂ€t widerspiegelt, konnte ich dem LAZ inzwischen vieles an Positivem abgewinnen.

Das beginnt bei der Festigung der Gruppe und dem besseren Kennenlernen der Kameraden, gerade dann, wenn man Neulinge dabei hat. Eine Gruppe, die sich kennt und weiß, welcher Kamerad, wie tickt, ist wie ein Getriebe aus ineinandergreifenden ZahnrĂ€dern, es lĂ€uft wie geschmiert. Ist die Gruppendynamik entsprechend ausgebildet, setzt irgendwann so etwas wie „blindes Vertrauen“ ein. Das Wissen um StĂ€rken und SchwĂ€chen des Einzelnen gleicht sich innerhalb der Gruppe automatisch aus. Letzteres ist auch fĂŒr den GruppenfĂŒhrer wichtig. Er erkennt die FĂ€higkeiten des Einzelnen und setzt seine Gruppe dementsprechend zusammen. Er sieht aber auch, welchen Ausbildungsbedarf es in der Gruppe noch gibt.

Es sind viele Kleinigkeiten, die sich im Laufe der Zeit entweder aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit zu Fehlern entwickeln. Das Erkennen in der Übung ist Voraussetzung fĂŒr den Einsatzerfolg. Es mag sein, dass Dinge wie korrektes Leiterstellen, sauber SchlĂ€uche rollen, diszipliniertes Antreten und das Wiederholen der Befehle von einigen als lĂ€stiger Grundausbildungskram abgetan wird, dennoch von vielen, auch erfahrenen und langjĂ€hrigen Feuerwehrangehörigen nicht (mehr) beherrscht wird. Die Teilnahme am Leistungsabzeichen offenbart diese SchwĂ€chen, da hier auf die drillmĂ€ĂŸige und korrekte Einhaltung der Regularien und Feuerwehrdienstvorschriften zu achten ist. Letzteres geschieht im normalen Übungsdienst seltenst – und da spreche ich aus Erfahrung.

hose

Sind wir doch mal ehrlich: Wer von euch hat schon mal des Nachts um drei eine vierteilige Steckleiter zur Menschenrettung gestellt? Hat das Leiterstellen ohne Weiteres funktioniert? Irgendwie schon, sonst gĂ€be es wohl viel schlechte Presse. DrillmĂ€ĂŸig eingeĂŒbtes Leiterstellen spart Sekunden und Angstschweiß, weil sich jeder seiner Handgriffe bewusst ist. Ähnlich sieht es mit dem Beherrschen der Knoten aus: Den Brustbund bekommt man gerade noch so hin, aber beim Rettungsknoten hapert es dann, Spierenstich geht auch noch, aber wie war das noch mal mit der Halbmastwurfsicherung? Nur wer das geĂŒbt hat, um es unter den Argusaugen der Schiedsrichter korrekt auszufĂŒhren, wird dieses Szenario auch in der RealitĂ€t ohne Angstpipi meistern.

Ein Ă€hnlich wichtiges und in Übung wie Einsatz vernachlĂ€ssigtes Thema ist das Wiederholen des Einsatzauftrages durch den TruppfĂŒhrer. FĂŒr den GruppenfĂŒhrer ist dies die einzige Möglichkeit zu erkennen, ob sein Trupp auch das Richtige verstanden hat. Hat er nicht, fĂŒhrt er das Falsche aus und es gibt im schlimmsten Fall grĂ¶ĂŸere Sach- und PersonenschĂ€den.

Doch auch fĂŒr den GruppenfĂŒhrer hat dies Positives. Er agiert stupide nach dem Schema Einheit-Auftrag-Mittel-Ziel-Weg und verinnerlicht dieses (hoffentlich). Die Auftragserteilung nach diesem Muster erleichtert die Konkretisierung und Reduzierung auf das Nötigste und macht es fĂŒr den Trupp einfacher, zu verstehen, was der GruppenfĂŒhrer will. Es gibt nichts Schlimmeres, als einen rumstammmelden EinheitsfĂŒhrer, den man drei Mal nach dem Auftrag fragen muss. Das verstĂ€ndliche Absetzen einer Lagemeldung und der Umgang mit dem FunkgerĂ€t trainiert man nebenbei auch noch.

FĂŒr den GruppenfĂŒhrer hat die Organisation einer Wettkampfgruppe aber noch einen weiteren großen Vorteil: Er lernt zu organisieren, PrioritĂ€ten zu setzen und sich Gedanken ĂŒber die Ausbildung zu machen. Das Erkennen von SchwĂ€chen ist nur die halbe Miete, man muss sich auch ĂŒberlegen, wie man SchwĂ€chen abbauen kann.

Das sind viele Dinge, die eigentlich selbstverstĂ€ndlich sein sollten, es aber nicht sind, aus welchen GrĂŒnden auch immer. Seit meinem Perspektivwechsel von reinem Mannschaftsmitglied zum GruppenfĂŒhrer sehe ich vieles anderes bzw. erkenne UnschĂ€rfen erst jetzt, weil ich um die Konsequenzen weiß. Dieser Prozess ist keineswegs zu Ende und diese Worte eine Momentaufnahme.