Kaiserslautern (rp), (hl). Montag, 24. Oktober 2011, kurz vor 9 Uhr. Ein nebliger und grauer Herbsttag. Ich bin auf dem Weg zur Feuerwache der US-Army im Osten von Kaiserslautern und stehe wenige hundert Meter vor meinem Ziel an einer GefĂ€llstrecke im Stau. Die Unterkunft liegt an einer Kreuzung mit Ampelschaltung. Okay, denke ich, morgendlicher Berufsverkehr. Aber nein! Kaum kann ich die Station erkennen sehe ich den Grund fĂŒr den Stau. Ein LKW-Unfall direkt vor der Feuerwache.
Auf dem Vorplatz sehe ich ein wenig spÀter das ganze Chaos. Ein AnhÀnger eines Gliederzuges ist umgekippt und entlud sein Langholz direkt auf das Feuerwehr-GelÀnde. Vier private PKW und ein Einsatzfahrzeug sind beschÀdigt. In einer Pressemitteilung gibt die Polizei einen geschÀtzten Sachschaden von 50.000 Euro an.
Die EinsatzkrĂ€fte haben die Einsatzstelle abgesichert und sind mitten in den AufrĂ€umarbeiten. Zum GlĂŒck nur Sach- und keine PersonenschĂ€den. „Den Unfall haben wir extra fĂŒr Deinen Besuch vorbereitet“ scherzt ein Feuerwehrmann, nachdem ich mich vorgestellt hatte. So beginnt mein Besuch bei der Feuerwehr der US-Army in Kaiserslautern.
Leitstelle in Heidelberg, westlichster StĂŒtzpunkt an der saarlĂ€ndischen Grenze
Nach einer Tasse Kaffee sitze ich mit einem Verantwortlichen auf einem Sofa im Aufenthaltsraum, wĂ€hrend drauĂen noch die AufrĂ€umarbeiten laufen und die Polizei ihre Ermittlungen abschlieĂt. EinsĂ€tze sind auch das erste GesprĂ€chsthema nach dem, fĂŒr mich, unerwarteten Auftakt. Das Einsatzspektrum ist nicht anders als im Vergleich zu deutschen Wehren: BrĂ€nde, VerkehrsunfĂ€lle und First-Responder-EinsĂ€tze. Eigene KTW’s oder RTW’s hĂ€lt die Army nicht vor. Diese kommen bei Bedarf – wie auch der Notarzt – von der deutschen Seite.
Bei Gefahrstoffen ergreifen die Firefighters ErstmaĂnahmen Ă€hnlich der GAMS-Regel. Jedoch sind diese EinsĂ€tze recht selten. Ihnen steht sogar ein spezieller Gefahrstoff-AbrollbehĂ€lter zur VerfĂŒgung. SpĂ€ter mehr davon.
Die Wache hat die Army erst Anfang Oktober ĂŒbernommen, in deren Umgebung sich einige Army-Einrichtungen befinden. Zuvor war die Air Force (AF) drin. Die Leitstelle und das Hauptquartier fĂŒr die Army befinden sich zur Zeit noch in Heidelberg (bw). Jedoch ziehen in den nĂ€chsten Jahren die dortigen Einheiten in die Westpfalz um. Heidelberg wird geschlossen. Die Feuerwehrleitstelle wird vermutlich in Sembach (rp, Landkreis Kaiserslautern) installiert. So die aktuellen Planungen.
Die Army hat Einrichtungen rund um Kaiserslautern. Der westliche StĂŒtzpunkt liegt fast an der saarlĂ€ndischen Grenze in BruchmĂŒhlbach-Miesau. Dort ist ebenfalls eine eigene Wehr installiert.
Detailunterschiede zur AF bemerke ich bereits bei den nĂ€chsten Themen: Aufnahmekriterien und Ausbildung. KĂŒnftige Firefighters mĂŒssen Feuerwehrangehörige einer Freiwilligen Feuerwehr sein und die Grundausbildung vorweisen. Intern und an der rheinland-pfĂ€lzischen Landesfeuerwehrschule in Koblenz erfolgen weitere Fortbildungen. Entgegen der AF wird hauptsĂ€chlich in Deutschland ausgebildet. Lediglich die höheren FĂŒhrungskrĂ€fte mĂŒssen in die USA reisen und die dortige Feuerwehrschule der Army besuchen. Die internen Schulungen werden unter anderem in Ansbach (by) durchgefĂŒhrt. Der Lohn der Firefighters hĂ€ngt unter anderem von seiner Ausbildung und seinem Dienstrang ab.
95 Firefighters arbeiten derzeit fĂŒr die Army in der Westpfalz und sind durchweg Zivilangestellte. Bis auf einen Amerikaner haben alle die deutsche Staatsangehörigkeit. Aktuell ist die Soll-StĂ€rke erreicht. Allein sieben Feuerwehrangehörige sind dem Vorbeugenden Brandschutz (VB) und der Brandschutzerziehung zugeordnet. Interessant: Jeden Monat mĂŒssen die Kindergartenkinder einen „Firedrill“, eine RĂ€umĂŒbung, durchfĂŒhren.
Um 8 Uhr ist Schichtwechsel. Ein Feuerwehrmann ist fĂŒr das Mittagessen verantwortlich. Nach acht Stunden Arbeit folgen Bereitschafts- und Ruhezeit. Um 6 Uhr werden die Firefighters geweckt.
Fahrzeuge und GerÀte
In der erste Fahrzeughalle stehen zwei Firetrucks und ein GelĂ€ndewagen, der als Kommandowagen eingesetzt wird. In der zweiten Halle hat der VB seine Fahrzeuge stehen. Die beiden GroĂfahrzeuge haben amerikanische Fahrgestelle. Den neueren Truck wĂŒrde man in Deutschland als HLF bezeichnen.
Die AufrÀumarbeiten sind abgeschlossen. Lediglich ein Haufen Holzrinde erinnert noch an den morgendlichen Verkehrsunfall. Der Maschinist fÀhrt das HLF auf den Vorplatz.
Eigentlich erwarte ich als deutscher Feuerwehrmann amerikanische FeuerwehrgerÀte auf dem Fahrzeug. Jedoch befinden sich in den Aufbau durchweg deutsche Lösch-, Rettungs- und HandwerkergerÀte. Zum Beispiel SchlÀuche mit Storz-Kupplungen. Den Aufbau hat Hensel aus Waldbrunn (by) auf das amerikanische Fahrgestell gesetzt. Die Pumpe in der Fahrzeugmitte ist ebenfalls aus den USA von Hale.
In der Fahrzeugkabine sind weitere FeuerwehrgerĂ€te untergebracht. Auch hier sehen beispielsweise die Handlampen, Feuerwehrgurte und Leinenbeutel gewohnt fĂŒr mich aus. Die AtemschutzgerĂ€te sind von Interspiro.
FĂŒr Maschinisten der Marke „krĂ€ftig“, so wie ich, ist der Fahrerplatz so bequem wie eine SardinenbĂŒchse. Einfach nur eng. Der Motor nimmt einen groĂen Raum zwischen den Vordersitzen des Frontlenkers ein. Der Sitzplatz ist eingekeilt zwischen Motorabdeckung und FahrzeugtĂŒr. Das Fahrzeug hat eine Automatikschaltung.
Fahrgestell ist ein HME-Truck der 1871 series, Baujahr 2008. Der Motor hat eine Leistung von 350 PS. Die Pumpe hat eine Leistung von 1.250 Gallonen pro Minute (etwa 4.730 Liter pro Minute). 2.500 Liter Wasser und 500 Liter Schaummittel werden mitgefĂŒhrt.
Sein Hallennachbar ist ein KME-Truck, Typ: 4900 mit 300 PS. Baujahr 1999. Das Fahrzeug hat einen fĂŒr deutsche VerhĂ€ltnisse langen Radstand und Allradantrieb. Es entspricht einem TLF. Es fĂŒhrt etwa 3.800 Liter Wasser und 285 Liter Schaum mit. Die Pumpe leistet 1.000 Gallonen pro Minute (etwa 3.800 Liter pro Minute). Die Midship-Pumpe ist ebenfalls von Hale. Zur Zeit ist es nur teilweise beladen. Das wird sich jedoch laut meinem Begleiter in wenigen Wochen Ă€ndern.
Warum haben die Fahrzeuge einen deutschen Aufbau, aber ein us-amerikanisches Fahrgestell und Pumpe? Die Antwort meines Begleiters: „Wir suchen uns das Beste der jeweiligen Seite heraus.“ Zudem gibt es im Feuerwehrbereich weniger strikte Regelungen in der US Army als in der AF, erklĂ€rt man mir.
Die Feuerwehr der US Army hĂ€lt in der Westpfalz noch weitere Fahrzeugtypen vor. So steht beispielweise in Sembach ein Tanker, in Feuerwehrdeutsch ein „GroĂtanklöschfahrzeug“. SpĂ€ter mehr davon. Auch ĂŒber einen RW, einen VRW und zahlreiche Versorgungsfahrzeuge und KdoW’s verfĂŒgt die Wehr. Als VRW wird ein Ford Sharan eingesetzt, der unter anderem eine IFEX-Löschanlage an Bord hat. Eine DLK hĂ€lt die Wehr nicht vor.
Als persönliche SchutzausrĂŒstung tragen die Firefighters Helme des us-amerikanischen Herstellers Bullard. Hosen, Jacken und Handschuhe stellte das deutsche Unternehmen Isotemp her.
US-amerikanische Taktik mit deutschen SchlÀuchen
Einen Punkt, den ich ebenfalls interessant finde: Zwar werden ĂŒberwiegend deutsche FeuerwehrgerĂ€te eingesetzt, jedoch wird von der Taktik her die us-amerikanischen Vorschriften angewandt. Sogar ein Muss laut meinem Begleiter. JĂ€hrlich finden sogar ĂberprĂŒfungen statt, ob die Vorgaben der National Fire Protection Association (NFPA, deutsch: Nationaler Feuerschutzverband) eingehalten werden.
Auf den Liegenschaften der US Army gibt es viele Ăberflur- und selten Unterflurhydranten, die zudem mit Storz-Kupplungen ausgestattet sind. FĂŒr die Löschwasserversorgung sind die Wasserwerke der örtlichen Kommunen zustĂ€ndig.
Wie in Deutschland kann man den Rang eines Firefighters an seinem Helm und seinem Koller erkennen. Der GruppenfĂŒhrer hat beispielsweise einen roten Helm und einen roten Koller. Der einfache Firefighter hat einen gelben Helm und einen schwarzen Koller.