Ende der 90er Jahre erhielt ich meine Einberufung zum Zivildienst. Zur Bundeswehr gingen damals kurz nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nach unserem VerstĂ€ndnis nur MitschĂŒler, die schon immer hochgradig seltsam waren oder es einfach verpasst hatten, rechtzeitig eine der kursierenden GewissensbegrĂŒndungen abzuschreiben. Aufgrund der geburtenschwachen JahrgĂ€nge hatte sich der Gesetzgeber wenige Jahre vorher die neue Tauglichkeitsstufe T7 ausgedacht, mit der man beim Bund so gerade noch zur Aufnahme von Weichnahrung und leichte SitztĂ€tigkeiten qualifiziert war – zivildienstfĂ€hig war man damit aber immer noch, so dass die meisten auch unter Aufbietung sĂ€mtlicher tatsĂ€chlicher und eingebildeter Krankheiten nicht mehr um den unbeliebten Dienst herum kamen.

In den ersten Monaten der Dienstzeit wurde jeder Zivi fĂŒr eine Woche in eine der zahlreichen Zivildienstschulen abkommandiert, wo er mit seinem Dasein als StaatsbĂŒrger konfrontiert werden sollte. Das nahm man behördlicherseits immerhin so ernst, dass das Fernbleiben mit Geld- oder Haftstrafen geahndet wurde. Mich verschlug es nach Kiel-Mettenhof, bei dessen Namenseingabe Google heute freundlicherweise automatisch die ErgĂ€nzung “ghetto” vorschlĂ€gt.

Mit RĂŒcksicht auf die nicht vorhandene Motivation der SchĂŒler hat man dort nach einer halbtĂ€tigen Zusammenfassung der Pflichten und Sanktionsmöglichkeiten die restlichen viereinhalb Tage nur noch Spielfilme wĂ€hrend des Unterrichts gezeigt. Dazu gab es einen Stapel BroschĂŒren, in denen das politische System der Bundesrepublik beworben wurde. Ein GlĂŒck, dass ich vor lauter Langeweile dort doch noch reingeschaut habe.

FĂŒnfzehn Jahre spĂ€ter scheint sich dieses Wissen nĂ€mlich bezahlt zu machen – und zwar ausgerechnet bei der Feuerwehr. Beim Surfen stieß ich auf den Seiten meines zustĂ€ndigen Landesfeuerwehrverbandes letztens auf die neuen Fragen fĂŒr den diesjĂ€hrigen Leistungsnachweis. Praktischerweise mit Antworten, sorgte die korrekte Beantwortung der Fragen doch schon in den letzten Jahren immer wieder fĂŒr Irritationen.

So ungefĂ€hr ab Seite drei Fragenkatalogs fĂŒhlte ich mich schlagartig auf meine Stube in der Zivildienstschule zurĂŒckversetzt. Ein paar Beispiele?

30. Wann existierte die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR)?
a) Von 1919 bis 1933.
b) Bis zum Ende des zweiten Weltkriegs 1945.
c) Die DDR existiert noch heute.
d) Bis zum Bau der Berliner Mauer 1963.
e) Von 1949 bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990.

32. Welchen Namen trĂ€gt das fĂŒr die Beziehungen zu anderen Staaten zustĂ€ndige Ministerium der Bundesregierung?
a) Verteidigungsministerium.
b) Hardthöhe.
c) AuswÀrtiges Amt.
d) BundesprÀsidialamt.
e) Bundestag.

38. Welche Stadt ist Bundeshauptstadt der Bundesrepublik Deutschland?
a) Berlin
b) Bonn
c) Frankfurt / Main
d) Hamburg
e) MĂŒnchen

Weitere 30 Fragen schlagen in die gleichen Richtung und fragen so unverzichtbares Feuerwehrwissen wie den höchsten Berg (Ausguckpunkt bei Großlagen?), die Anzahl der BundeslĂ€nder oder den Namen des erstes Bundeskanzlers ab. Zur Beruhigung: Weiter hinten findet sich dann tatsĂ€chlich noch grĂ¶ĂŸtenteils brauchbare Fragen mit Feuerwehrbezug.

Trotzdem stellt sich die Frage, ob man im zustĂ€ndigen Gremium einfach die Lust am Fragen erfinden verloren hat oder die Dauerberieselung mit dĂ€mlichen Ratespielen im Privatfernsehen auch hier bereits Spuren hinterlassen hat („Welches Tier hat kein Fell? a) Hund b) Fisch oder c) Stein“). Vielleicht trĂ€umt man aber auch vom Feuerwehrmann als StaatsbĂŒrger in Teilzeit-Uniform. Wir haben ja sonst nichts zu tun.

Angesichts des immer wieder beklagten Ausbildungsdefizits stellt sich die Frage, ob man sich auch nur fĂŒnf Minuten fĂŒr solch sinnfreie Fragen leisten kann. Vielleicht kommt auch jemand auf die Idee, den nĂ€chsten Fragenkatalog um weitere – aktuellere – politische Themen zu ergĂ€nzen. Ich hĂ€tte da auch schon ein paar VorschlĂ€ge:

  • Korrekte MĂŒlltrennung
  • Gender Mainstreaming
  • Ethisch dynamisches kochen
  • Feng Shui an Einsatzstellen

Dann bekommt man die 150 Fragen auch ganz schnell zusammen.

a) Verteidigungsministerium.