Beim Funken rufen wir ihn an und bitten symbolisch um seinen Beistand. Die Rede ist von dem heiligen St. Florian. Im Feuerwehrwesen begegnen wir ihm darüber hinaus ebenso als Plastik, als Gemälde oder als Wandmalerei auf unzähligen Feuerwehrhäusern. St. Florian wird meist dargestellt als römischer Legionär mit Fahne, Wasserschaff und mit einem Mühlstein um den Hals. Aber was hat St. Florian mit dem Feuerlöschen zu tun? Weshalb ist St. Florian der Schutzpatron der Feuerwehrleute? Ein (längerer) Erklärungsversuch, anlässlich des heutigen Namenstages von Florian.*
Florian – der Schutzpatron
St. Florian ist der Schutzpatron der Feuerwehrleute, der Böttcher, der österreichischen Kaminkehrer und Seifensieder und – ironischerweise – auch der Bierbrauer. Neben Leopold schützt St. Florian als zweiter Landespatron das Land Österreich. Für die Städte Bologna (Italien), Sankt Florian (Österreich) und Kraków (Polen) ist er ebenfalls ein Schutzheiliger, im Bundesland Bayern ist St. Florian ein viel verehrter Volksheiliger.
Vom Leben und Sterben des Florians
Am 4. Mai 304 starb Florian von Lorch (lateinisch Florianus) in Lauriacum, dem heutigen Lorch an der Enns (Österreich), den Märtyrertod. Das Licht der Welt erblickte er wohl um 250 in Cannabiaca, das offenbar das heutige Zeiselmauer bei Tulln in Österreich ist. Die Heiligsprechung Florians lässt sich nicht mehr nachvollziehen, fand aber vor oder im Hochmittelalter statt.
Florian als Betroffener der Christenverfolgung
Florian war bekennender Christ zu einer Zeit, als die Christenverfolgung im Römischen Reich zwar zum letzten Mal, zugleich aber am heftigsten wütete. Der römische Kaiser Diokletian erließ im Jahr 303 ein Verfolgungsedikt gegen die Christen, da er im Ausschließlichkeitsanspruch der christlichen Religion eine Gefahr für den römischen Staat sah. Seine Verwaltungs- und Staatsreformen stärkte die Provinzen, sakralisierte jedoch in gleichem Maße den römischen (Senior-)Kaiser – also sich selbst.
Die Stärkung der Provinzen war auch der Grund für die unterschiedlich strenge Auslegung des diokletianischen Verfolgungsediktes. Der Erlass verbot die christlichen Gottesdienste, ordnete die Zerstörung von Kirchen, die Verbrennung christlicher Schriften und die Inhaftierung von christlichen Staatsbeamten an. Das Edikt enthielt daneben ein Ämterverbot für Christen. Florian arbeitete zu dieser Zeit als Staatsbeamter. Ferner verloren die Christen wichtige Bürgerrechte. Zusätzlich verfügte der römische Kaiser die Einkerkerung und Folterung aller Gemeindevorsteher, Bischöfe oder Presbyter, um sie auf diese Weise von ihrem Glauben abzubringen. Vor allem aber verfügten Diokletian und seine beiden Mitkaiser die Todesstrafe für alle, die das Kaiseropfer weiterhin verweigerten. Implizit erkannte Diokletian Christen die Wehrwürdigkeit ab, aus diesem Grund ließ der Kaiser das Heer rigoros säubern. Die Soldaten stellte man vor die Wahl: Jesus oder Diokletian.
Zwangspension für Florian
Florian war im Jahr 304 kein Soldat mehr, sondern der höchste Beamte des römischen Statthalters Aquilinus in der Provinz Ufernoricum (dem ehemaligen keltischen Königreich Noricum, das ungefähr die heutigen österreichischen Bundesländer Kärnten, Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark sowie Südostoberbayern umfasste). Davor war er vermutlich Kommandant oder ein sehr hoher Offizier der in Lauriacum stationierten Legio II Italica. Denn nur so lässt sich erklären, wie Florian nach zwanzigjähriger Dienstzeit in die von Diokletian geschaffene Zivilverwaltung übertreten und das hohe Amt des Kanzleivorstehers ausüben konnte.
Offenbar von Geburt an als Christ erzogen, durfte Florian das Amt nach vier Jahren infolge des Ediktes nicht mehr ausüben. Man schickte ihn in Zwangspension und er erlitt Pensions- und Ehrverlust. Als Aquilinus ein Jahr später in Lauriacum auf Befehl von Diokletian vierzig Legionäre christlichen Glaubens einkerkern ließ, eilte Florian seinen Glaubensbrüdern und ehemaligen Kameraden zu Hilfe.
Folter und Hinrichtung
Auf seinem Weg von Cetium (St. Pölten) nach Lauriacum stieß Florian auf eine Militärpatrouille, die den Auftrag hatte, Christen zu töten. Als Florian das hörte, sagte er „Brüder und Kameraden was sucht ihr noch andere? Auch ich bin ein Christ.“ Obwohl Florian nicht nur bei Aquilinus hohes Ansehen besaß – deshalb blieb er seit Inkrafttreten des Ediktes relativ unbehelligt – verhaftete man ihn und führte ihn Aquilinus vor. Als sich Florian weigerte, den römischen Göttern zu opfern, geriet Aquilinus in Rage und ließ seinen ehemaligen Kanzleivorsteher mit glühenden Eisen foltern. Weil dies nicht fruchtete, sprach der Statthalter das Todesurteil aus. Mit einem Mühlstein am Hals ertränkte man Florian in der reißenden Enns.
Beginn der Legendenbildung
Zu dieser Zeit war es üblich, zum Tode verurteilte Christen zu ertränken, denn ein im Meer oder Fluss versenkter Leichnam ließ sich von den Christen schlecht zur Verehrung nutzen. Der Legende nach war dies im Falle Florians anders.
Niemand wollte die Hinrichtung an Florian vollziehen. Schließlich stieß ihn ein herbeigeeilter Soldat von der Brücke, der im Auftrag Aquilinus’ nach dem Stand der Dinge sehen sollte. Der Leichnam Florians versank nicht im Fluss, sondern soll von den Wellen auf einen Felsen geworfen und anschließend von einem Adler bewacht worden sein. Der Adler selbst galt bei den Römern als Siegeszeichen. Die Legende berichtet, dass Florian Valeria, einer frommen Frau, im Traum erschien, und sie an die Stelle führte, wo sein Leichnam lag. Dort gab Florian ihr den Auftrag, ihn an einer bestimmten Stelle zu bestatten.
Valeria brachte den Leichnam mit einem ochsenbespannten Karren an die von Florian gewünschte Stelle. Auf dem Weg dorthin ermatteten die Ochsen und nach einem Gebet Valerias entsprang eine Quelle, die den Ochsen frisches Wasser gab. Heute steht an dieser Stelle das Johanneskirchlein. Florians Leichnam soll dann unter großer Eile auf dem Speiserberg bestattet worden sein, auf dem Jahrhunderte später das Augustiner Chorherrenstift St. Florian errichtet ward.
Auf der für die Römer schwer zugänglichen Begräbnisstätte errichteten Gläubige zunächst eine überbaute Behausung. Erst um das 9. Jahrhundert gibt es das erste schriftliche Zeugnis eines Klosters auf dem Speiserberg.
Toleranz gegenüber Christen
Sieben Jahre nach Florians Hinrichtung endete die Christenverfolgung. Kaiser Galerius, Nachfolger Diokletians und damaliger Scharfmacher der Verfolgung, musste 311 einsehen, dass er das Christentum nicht ausrotten konnte. Galerius gab das Toleranzedikt von Nikomedia heraus, das die Christenverfolgungen im Römischen Reich beendete. 313 erweiterten Kaiser Konstantin I. und Kaiser Licinius (Kaiser des Ostens) das Toleranzedikt, das nun allen Einwohnern im Römischen Reich freie Religionsausübung zusicherte. Den Kaiserkult als Zwang schaffte man ab. Das Christentum wurde auf diese Weise offiziell gleichrangig zu den römischen Staatskulten.
Rom geht unter – die Heiligenverehrung bleibt
Verbreitung in Europa fand das Christentum hauptsächlich durch die römischen Legionäre und die mitgereiste romanische Bevölkerung. An den Grenzen zwischen Rom und den „Barbaren“ gab es indessen einen Wissensaustausch, der auch für die Geschichte des Florians von Bedeutung ist. Das auf Florians Begräbnisstätte errichtete Kloster muss von den Baiern (Bajuwaren) gebaut worden sein, die nach dem Abzug der Römer das Gedenken an Florian tradierten.
Als das Weströmische Reich im 5. Jahrhundert rapide an Macht einbüßte und schließlich nur noch ein Schatten früherer Macht war, verließen 488 auf Befehl des Odoaker, der „nur noch“ Rex Italiae war, die romanischen Bewohner die nördlich der Alpen liegenden römischen Provinzen. Einen Kaiser hatte Westrom zu dieser Zeit nicht mehr, gleichzeitig markiert das späte fünfte Jahrhundert das Ende des Weströmischen Reiches. In der Provinz Noricum kam der Abzug der Römer einer weitgehenden Entvölkerung gleich. Die Romanen nahmen dabei nicht nur ihren Besitz, sondern auch ihre Heiligtümer mit nach Italien. Dazu gehörten offenbar auch die sterblichen Überreste des Heiligen St. Florian.
Der Legendenschreibung nach bestatteten die Romanen die Gebeine in der Basilika San Lorenzo fuori le mura in Rom, bevor man sie 1183 ins polnische Krakòw überführte. Dort sollte ein Heiliger den Kampf der Polen gegen die Preußen unterstützen. Das Grab bleibt bis heute unauffindbar.
Vom Lokalheiligen zum Volksheiligen
St. Florian war lange Zeit ein Lokalheiliger im Ennsgebiet, den die Christen zunächst gar nicht mit Feuer in Verbindung brachten. Mit dem Spätmittelalter (13.-16. Jahrhundert) und der beginnenden Neuzeit (14.-16. Jahrhundert) verbreitete sich der Floriankult. In der Gotik begannen Künstler Florian als Schützer gegen Brandgefahr mit Wasserschaff, Lanze, Schwert und Rüstung darzustellen. Der Bekanntheitsgrad steigerte sich in der Renaissance und erlebte im Barock seine Blüte.
Warum im 15. Jahrhundert St. Florian plötzlich das Feuerpatronat zugeeignet wird, ist nicht ganz klar. Ferdinand Reisinger formuliert diese Zueignung so: „Da Florian … unerschrocken der Wirklichkeit des Martyriums entgegengeblickt hat, wurde er im hohen Mittelalter zu jenen Nothelfern gerechnet, die Beistand in der Stunde des Todes gewähren: Er vermöchte zu helfen … um die Flammen der Laster und des schlechten Gewissens zu löschen, und den Seelen angesichts der Höllenflammen Trost und Hilfe verschaffen. So wurde Florian zu einem gern verehrten Patron um einen guten Tod.“
St. Florian zunächst als Nothelfer
St. Florian galt als ein Nothelfer in der Gegenwart des Todes. Das erklärt zum Beispiel, weshalb er häufig in Zusammenhang mit Krieg, insbesondere unter der Türkengefahr im 15. Jahrhundert angerufen wird. St. Florian galt als Symbol für einen Christen, „der mit flammender Begeisterung, mit Feuereifer sich für den Glauben für Christus und seine Kameraden einsetzt, ja der mutig in den Tod geht, gilt als bewundernswertes Vorbild für Christsein in schwierigen Zeiten“ (Reisinger).
Dagegen galt das Medium, durch das ein Heiliger zu Tode kam, im Falle Florians das Wasser, als das Element in dem der Heilige wirksam wird – und das gilt ebenso bei gegensätzlichen Gefahren. Denn Wasser wehrt Feuer ab – St. Florian befiehlt damit gewissermaßen das Wasser.
Wegen seiner Wirkung im Wasser und der Interpretation als Nothelfer avancierte St. Florian auch zum Schutz- und Standespatron von Berufen, die eine enge Beziehung zu Wasser haben. Dazu gehören die Bierbrauer, die Kerzenmacher, die Köhler, die Küfer, die Müller, die Schmiede, die Schnapsbrenner, die Schornsteinfeger, die Seifensieder und die Töpfer. Man rief ihn an, wenn es galt eine Dürre, die Unfruchtbarkeit der Felder, eine Wassergefahr oder die Feuernot abzuwenden. Mit etwas Fantasie lässt sich in St. Florian eine Art Beschützer vor Katastrophen und Unfällen erkennen. Nicht von ungefähr bedeutet Florian im Lateinischen „der Mächtige“.
Schutzpatron der Feuerwehr
Andere Autoren verweisen auf weitere Legenden: Bei einem Feuer in Not geratenen Menschen sollen St. Florian um Hilfe angerufen haben, oder aber Florian habe in seiner Kindheit ein Feuer mit einem kleinen Wasserkübel gelöscht. Wieder andere sind der Ansicht, Florian habe als Legionär bei den Vigil de fervor (das war die römische Feuerwehr) die Wasserschläuche bedient. Denkbar ist auch eine einfache Namensverwechslung mit einem anderen Heiligen.
Trat St. Florian bisher als Feuerpatron, als Beschützer vor dem Feuer auf, entwickelte er sich mit dem Aufkommen der organisierten Feuerwehr im 19. Jahrhundert auch zum Schutzpatron der deutschen Feuerwehrleute. Und in der Tat stellt der als Skulptur oder Gemälde dargestellte St. Florian eine Art „humanistischen Diesseitsbezug“ dar, indem er Mittel benutzt und Bewegungen vollführt, die auch von Menschen mühelos ausführbar sind.
Weitere Feuerpatrone
Dass auch bedeutende Theologen mit Florian zunächst nichts anzufangen wussten, zeigte Martin Luther der im 16. Jahrhundert wirkend, bisher nur den Heiligen Laurentius von Rom (3. Jahrhundert) oder die Heilige St. Agathe von Catania (3. Jahrhundert) als Feuerpatrone kannte. Beide galten wegen der Art ihres durch Feuer gekennzeichneten Martyriums als Feuerpatrone.
Neben der erwähnten Heiligen Agatha und dem Heiligen Laurentius, galten auch der Heilige Antonius der Große, der Heilige Donatus, der Heilige Theobald von Thamm und der Heilige Wendelinus sowie die Heilige Barbara als Schutzpatrone vor dem Feuer. Die Verehrungen waren (oder sind) meist lokal begrenzt, sieht man von der Heiligen Barbara ab, die eine größere Verbreitung als St. Florian aufweist.
Die Heilige Barbara ist die Patronin der Artillerie, der französischen Feuerwehrleute, aber auch Schutzpatronin der Geologen, der Sterbenden, Patronin der Bergleute der Schlesier, der Gefangenen, der Glöckner, der Architekten und der Helfer des Technischen Hilfswerks, ferner ist sie Helferin gegen Blitz- und Feuersgefahr. Die Heilige Barbara avancierte deshalb zur Schutzpatronin der französischen Feuerwehrleute, weil die französische Feuerwehr ihre Wurzeln im Militär hat.
Florian Hamburg kommen
Es bleibt noch zu klären, warum die deutschen Feuerwehren im Sprechfunkverkehr den Heiligen St. Florian anrufen (und damit symbolisch um Beistand bitten). Diese „Erfindung“ geht auf keinen geringeren, als den ehemaligen Hamburger Branddirektor Dipl.-Ing. Hans Brunswig zurück. Die Feuerwehr Hamburg führte 1950 mit zwei Funkgeräten die ersten Funkversuche durch – nun musste nur noch ein Funkrufname her. Brunswig entsann sich der Legende und wählte als Funkrufnamen „Florian“. 1952 durfte die Feuerwehr Hamburg den Rufnamen offiziell verwenden, die Berliner Feuerwehr folgte im selben Jahr, wie später weitere Feuerwehren. Am 13. Juni 1975 legte man „Florian“ als einheitlichen Funkrufnamen für die Feuerwehren in Deutschland fest.
Das Floriani-Prinzip
„Heiliger Sankt Florian / Verschon mein Haus / Zünd andre an!“ Dieser scherzhafte, aber dennoch egoistische Spruch ist eine frühe Variante der Nimby-Position (not in my backyard) und bezeichnet die Verhaltensweise Bedrohungen nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben. Statt zu helfen oder Vorkehrung zu treffen, soll die Gefahr abgewendet werden, indem es einen anderen treffen soll. Eine Einstellung, die mit dem Leben von Florian von Lorch wenig zu tun hat.
Dagegen ist dieser Spruch eine Bitte um Hilfe: „Es brennt o heiliger Florian / heut aller Orts und Enden: Du aber bist der rechte Mann / solch Unglück abzuwenden.“ Wenn man will, lässt sich darin ein liturgischer Notruf sehen.
Disclaimer
*Bei diesem Text handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des Artikels „St. Florian ist der Patron, verehret ihn, er gibt den Lohn“ der am 26. Mai 2008 Im FWNetz erschien.
Quellen und Literatur:
- Florian in: Ökumenisches Heiligenlexikon (Link) zuletzt besucht am 17.4.2014
- Florians Verehrung in: Ökumenisches Heiligenlexikon (Link) zuletzt besucht am 17.4.2014
- Friedel Helmut: S[ank]t Florian Schutzpatron in Feuersnot. Hrsg. v. d. Bayer. Versicherungskammer München 1977.
- Hornung-Arnegg Wolfgang: Feuerwehrgeschichte: Brandschutz und Löschgerätetechnik von der Antike bis zur Gegenwart. 3. erw. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer 1990
- Kuhoff Wolfgang: Diokletian der verkannte Kaiser (Link) zuletzt besucht am 17.4.2014
- Rehberger Karl (Übersetzer): Leidensgeschichte des Hl. Florian (Link) zuletzt besucht am 17.4.2014
- Reisinger Ferdinand: Überlegungen zum Hl. Florian (Link) zuletzt besucht am 17.4.2014
- Rokoschoski Karl: Der Schutzpatron Sankt Florian 8. Aufl. Linz: Veritas 1997