menschenrettung

Sicher? Ganz sicher?

Manchmal geht’s dann doch zu weit. Die Rede ist vom Sicherheitsdenken, und zwar in Bezug auf uns selbst im Einsatz. Klar, insgesamt passen wir mehr auf und selbst auf als früher. Beispiele: für Brand geeignete PSA, Absturzsicherung, Notfallkonkzepte usw.

Wo ist aber die Grenze, die uns an der Arbeit hindert? Man stelle sich vor, die BG, GuV, FuK, Gewerkschaft – oder wer auch immer – bekommt so viel Gewicht, dass wir unser Handeln fünf mal überdenken und uns gegen den Einsatz entscheiden. Umgekehrt: wir ziehen das durch, retten, und werden dafür bestraft? Undenkbar?

Hier drei Beispiele, die einem schier zur Verzweiflung bringen:

  • In den USA wird ein Rettungsschwimmer gefeuert, weil er eine Rettung ausserhalb seines zugewiesenen Abschnitts durchführte
  • UK (1): Mann liegt mit Gesicht nach unten in Kanal, ca. 5m Böschung. Nach einem „Risk Assessment“ entscheidet sich der GF gegen einen Einsatz. Zig Rettungsmannschaft steht herum bis die Wasserrettung aus 50 Meilen Entfernung anrückt
  • UK (2): Ähnliche Geschichte: Mann liegt in seichtem Gewässer, Feuerwehr hat nach eigener Aussage nicht die erforderliche Ausbildung, Rettung wird nicht durchgeführt, auch hier verstirbt der Patient

Bei den UK-Unfällen siehe man sich die Bilder an. In beiden Fällen zweifele ich keinen Augenblick daran, dass eine Freiwillige Feuerwehr hierzulande die Rettung durchgeführt hätte.  Für die Berufsfeuerwehren kann ich keine Aussage treffen, dürfte allerdings ähnlich liegen.

Klar, müssen wir eigene Gefährdung abwiegen. Diese Entscheidung muss aber weiterhin im Ermessen des Einsatzleiters liegen, und nicht durch Drohszenarien oder einem gefühlten Druck durch die „Arbeitssicherheit“ gar nicht erst getroffen werden. Es muss auch von jeder Feuerwehr erwartet werden können, dass sie „einfache“ Aufgaben, erfüllen kann, und im Falle der Menschenrettung geht das immer vor.

Was keinesfalls passieren darf: drei-vier-und zugfache Absicherung (Arbeitssicherheit etc) und dann immer noch so eine Haftungs-Drohkulisse im Rücken haben, dass man sich gar nicht mehr traut.

Wie gesagt, nicht immer einfach, aber manche Dinge sind nun mal offensichtlich.

Mal richtig dumm aus der Wäsche gucken

Zimmerbrand im Obergeschoss eines Altenheimes, mehrere Personen eingeschlossen. Bei unserer Ankunft scheint das Feuer weitestgehend unter Kontrolle, jedoch konnte sich der  Rauch im gesamten Obergeschoss ausbreiten. Auch ist nicht klar, ob sich das Feuer ins Dachgeschoss ausgebreitet hat.

Nach etwas Suchen findet mein Dreiertrupp den Flur, wo Nullsicht bis zum Boden herrscht und uns von der Decke geschmolzene Rauchmelder im Weg hängen. Wir tasten uns bis zum Ende und öffnen ein Fenster, um die Belüftung des Fluchtwegs einzuleiten. In einem Raum neben dem Flurfenster stoßen wir sofort auf zwei Bewohner; einer sitzt auf dem Bett, der andere schaut apathisch an die Decke.

Auch dieser Raum ist stark verraucht.  Tür zu und die abgeschlossenen Fenster aufbrechen. Ein Patient ist mit Unterstützung gehfähig und wird mit Brandfluchthaube versehen einem weiteren Trupp in die Arme gedrückt.

Bei Patient zwei rät der Krankenpfleger in unserem Trupp dringend von einer Brandfluchthaube ab, da er das nötige Atemzugvolumen auf keinen Fall mehr aufbringen kann. Scheiße. Blick aus dem Fenster. Mist, da kommt keine Drehleiter hin. Zurück zum Flurfenster, dort das gleiche Bild. Draußen sieht man die Situation genau so.

Fluchthauben mit Pressluft gibt es bei uns nicht und Sprungkissen fällt bei dem gebrechlichen Mann aus. Leiter klettern wird er in diesem Leben auch nicht mehr. Luft aus einem Atemregler in Spülstellung kommt bestimmt auch nicht so gut.  Tja, da guckt man erst mal so richtig dumm aus der Wäsche.

Warum ich diesen Sermon schreibe? Springen wir von der Realität in die Fiktion und denken uns, dass die Feuerwehr fünf Minuten später eingetroffen wäre. Der Flur hat durchgezündet , das Feuer ist auf den Dachstuhl übergegriffen. Ihr seit über eine Steckleiter in den Raum eingestiegen. Brandrauch dringt langsam aber sicher durch die Türdichtung in den Raum. Sonstige Gegebenheiten wie oben beschrieben. Wie kriegt Ihr die zwei alten Herren ins Freie? 

Zurück zu Realität: Patient zwei ist übrigens wohlbehalten im RTW angekommen. Ein nochmalige Erkundung im  Flur ergab, dass endlich die Überdruckbelüftung ausreichend eingesetzt hatte, so dass wir ihn zügig durch den Flur tragen konnten.