Laufshirt "Feuerwehr in Bewegung" und Running Schuhe

AAA steht in der Finanzanalyse für die beste Einstufung der Bonität, beschreibt aber zusätzlich eine Akkumulatorbaugröße. Respektvolles Renommee (Bonität) und energiereicher Elan (Akkumulator) – so übersetze ich das einmal – sind zugleich wichtiger extrinsischer wie intrinsischer Aspekt beim Running oder, anders formuliert, AAA bedeutet einfach nur Anreiz, Ansporn, Antrieb; kurz Motivation. Und Motivation, sozusagen das Warpplasma des Läufers, diese schwergreifbare und fragile Substanz, verflüchtigt sich bisweilen in die unendlichen Weiten des Raumes. Ist das Plasma einmal weg, können auch die Zauberhände von Scotty, LaForge und Seven of Nine kaum mehr etwas ausrichten.

Richtig gelesen, ich habe ein Motivationsproblem, das sich sinuskurvenförmig bemerkbar macht. Die physische Leistungsform und die psychische Lust am Laufen steigen an, fallen dann aber ebenso rasch wieder unter die Abszissenachse. Das klingt blöd, ist es auch, denn die beiden Halbmarathonläufe (Singen und München) stehen unmittelbar bevor und ich selbst habe mein persönliches Ziel, wie auch die Erwartung, die andere nun an mich haben, mit dem Projekt „Halbmarathon in 90 Minuten“ (siehe hier) sehr selbstsicher wie optimistisch formuliert. „Die Geister, die ich rief; die Erwartungen, die ich weckte.“

Woher kommen die Probleme? Was trieb mich bisher an, den durchaus anspruchsvollen Trainingsplan durchzuziehen?

Im privaten Umfeld interessiert es ohnehin niemanden, wie schnell (oder langsam) ich renne, Hauptsache ich bin pünktlich zu Hause – also eher schneller rennen. Das ist das Los eines Läufers unter lauter Nichtläufern. Für einen Verein laufe ich (bisher) nicht und damit scheidet das Brechen irgendwelcher Rekorde aus, zumal ich in der Altersklasse M35 ohnehin zu den Senioren gehöre. Damit scheidet natürlich das Einheimsen von Preisen auch aus. Die Urkunde kann es auch nicht sein, weil man die selbst ausdrucken muss. Bleibt nur das eigene Ego.

Und in der Tat war es so, dass ich mir selbst beweisen wollte, dass ich in der Lage bin, meine Zeiten, nicht nur kontinuierlich zu verbessern, sondern auch die 90-Minuten-Barriere zu durchbrechen. Warum? Den erste Halbmarathon nach 10 Jahren lief ich 2016 sehr überraschend mit ca. 1:44 h, den zweiten Halbmarathon im April 2017 noch überraschender mit ca. 1:37 h, ich konnte also durch Intensivierung des Trainings in einem Dreimonatszeitraum sieben Minuten rausholen. Durch nochmalige Intensivierung des Trainings sollte es dann für die 1:30 h im September reichen. Wie gesagt, sollte. Leider kam eine Verletzung dazwischen und warf mich um Wochen zurück. Das spornte mich aber umso mehr an. Dann sorgten mehrere Feuerwehreinsätze für den Ausfall von Trainingseinheiten. Kein Problem, solange mein Ego mich mit der Peitsche vor sich hertrieb. In Summe lief ich allein im Juli fast 200 Kilometer, eine Distanz, die ich mir ein Jahr zuvor hätte gar nicht vorstellen können. Dann kam der August.

War ich im Juli jedes Mal enttäuscht und frustriert, wenn ich meinen Trainingsplan nicht einhalten konnte, sah der August ganz anders aus. Ich lasse Läufe und das Begleittraining, wie Kraft- und Coreübungen, bewusst ausfallen, nicht weil ich keine Zeit habe oder verletzt bin – was zwischendurch immer wieder vorkommt –, sondern weil ich schlicht keinen Bock habe! Es geht sogar so weit, dass ich die Teilnahme an den Wettbewerben insgesamt in Frage stelle. Das Knallen der Peitsche ist nun nur noch selten zu hören.

Fakt ist, dass ich die schleichende Unlust gegen Ende August bemerkte. Dazu kommt, dass ich subjektiv kein Fortschritt fühle, ich komme mir vor wie eine lahme Ente. Meine Sportuhr sieht das natürlich anders, denn der Running Index, also die Effektivität des Trainings, steigt und steigt. Natürlich sollte ich auch erwähnen, dass meine Strecken länger sind, statt 10-12 Kilometer sind es nun 16-18 Kilometer. Statt morgendlicher Sonne wie im Juli habe ich nun herbstliche Dunkelheit. Doch irgendwie bleibt ein diffuses Gefühl abbauender Leistungsfähigkeit.

Ich habe ja meinen Trainingsplan im Verdacht, der mir eigentlich fünf Trainingseinheiten pro Woche festschreibt. Die Anzahl ist für mich – die Familie sieht das anders – weniger das Problem, sondern die Art der Trainingseinheiten. Ich hab sehr viele und sehr lange DL1-Läufe[1], ein Tempo, das mir nicht unbedingt liegt, da ich ungewohnt langsam laufen muss. Auch das geliebte Intervalltraining, das ich im Frühjahr immer sehr gerne gemacht habe, gibt es in dieser Form nicht mehr. Stattdessen gibt es da jeweils einen DL2 und DL3-Lauf pro Woche über lange Strecke, keine Intervalle, keine Pausen. Kurzum: Vielleicht ist es einfach zu viel Training und ein unrealistisches Ziel, welches die Motivation beschädigt.

Nach einem intensiven Laufjahr freue ich mich momentan nur noch auf das Ende desselben. Es tut einfach alles weh und auch die beiden Paar Trainingsschuhe zeigen mir nach weit mehr als jeweils 200 Kilometer, dass diese für mich nicht ganz optimal sind. Einer von vier Wettkämpfen ist um. Der 10-Kilometerlauf auf der Insel Reichenau zeigte mir gestern, dass meine Form nicht optimal ist und entsprechend war ich sehr unzufrieden mit meiner erreichten Zeit (44:10  min). Batterien aufladen. Let’s run. Schuhe an und durch: den 24.09. (Singen), den 8.10. (München) und den 22.10. (Konstanz) schaffe ich schon – irgendwie.

[1] DL Steht für Dauerlauf. DL1-Training heißt im Bereich von 60 und 75 Prozent, DL2-Training heißt mit 75 und 85 Prozent und DL3-Training im Bereich 85 bis 95 Prozent der max. Herzfrequenz zu laufen.