Sieht so aus, als ob die Einsatzfahrt des Dr. Alexander Hatz straffrei bleibt. Das Thema bewegt nicht nur im HiOrg-Bereich die Gemütern, wie sonst ist eine Petition mit über 200.000 Unterschriften zu erklären?

Gleich vorweg: ich habe gestern auch meinen Namen darunter gesetzt. Warum?

Mein Beweggrund ist wesentlich vielschichtiger als die wenigen Argumente, die aufgeführt werden. Zunächst einmal: Ob Dr. Hatz jahrelang tausende Einsatzfahrten unfallfrei hinter sich hat, ist unerheblich. Und eigentlich müsste man den Grund der Fahrt ausklammern, und das glückliche Ende – eine gerettete zweijährige.

Allerdings hat dieses Geschichte viele Hollywood-Elemente, die Bevölkerung reagiert so wie sie tut, weil alles unfair ist, und man sowieso der Underdog ist.

Schade fände ich es, dass die Anklage alleine aufgrund vom öffentlichen Druck fallen gelassen worden wäre – damit hätte ich nun wirklich kein Vertrauen mehr in die Justiz. Vielmehr gehe ich davon aus, dass die Anhaltspunkte in einer höheren Instanz revidiert, und für nicht haltbar erklärt wurden.

Worum es eigentlich geht: zunächst war das Strafmaß aus meiner Sicht völlig überzogen, auch wenn Dr. Hatz nun tatsächlich Nötigung begangen hätte. Die Geldsumme bemisst sich am Gehalt. OK. Aber einen – bisher unbescholtenem – Notarzt gleich 6 Monate aus dem Verkehr ziehen? No way.

Und um das auf uns zu beziehen: 30 Jahre Feuerwehr (mit Unterbrechungen), 30 Jahre Einsatzfahrten. Und bei 100%, also wirklich jeder dieser hunderten von Einsatzfahrten müsste sich jemand genötigt fühlen, aus welchem Grund auch immer.

Schon mal auf die Gegenfahrbahn oder Fußweg, weil es anders nicht ging? schon mal im guten Glauben überholt, aber der PKW Fahrer zieht plötzlich wieder vor? Irrationale Fahrer? Beispiele gibt es mehr als genug.

Einfach mal die letzte Einsatzfahrt überlegen,  aber alleine im NEF. Wenn Euch einer ans Bein will – wie willst Du das widerlegen?

Ich weiss nicht, wie oft uns mit dem Staatsanwalt gedroht wird, sobald wir uns ans Steuer, oder vorne rechts hinsetzen. Klar, hat das seine Berechtigung. Aber andererseits darf dieses Bedrohungszenario (Terror wäre ein zu starkes Wort) nicht überhand nehmen.

Extrapoliert man das, würde es so weit kommen, dass keiner mehr die Verantwortung auf sich nehmen möchte. Das ist nicht im Sinne der Person, dessen Kind gerade Kleber geschluckt hat, oder dessen Angehörige in einer brennenden Wohnung eingeschlossen sind.

Die Signalwirkung der zurückgezogenen Anklage ist somit eine gute. Wenn auch keiner, aber gar keiner von uns dabei war und wirklich beurteilen kann, was da vorgefallen ist. Wir können lediglich über den Rahmen bzw. die Folgen unterhalten. Diejenigen, die sofort den Lehrer-Finger gehoben haben, und auf die Justiz verwiesen, haben vergessen, dass dieses genauso eine Revision zulässt.

Doch eines sei noch erwähnt: die Ausbildung der Fahrer bzw. Maschinisten im Einsatz ist noch sehr dürftig. Vielleicht kann man den Schwung mitnehmen und endlich flächendeckend, eine verpflichtende, schlüssige Ausbildung mit entsprechenden Wiederholungen fordern. Eine Mischung aus Simulator und Real-Fahrstunden, das wär’s.

Denn mit diesem Hintergrund müssten wir uns grundsätzlich viel weniger fürchten. Immerhin ist es nicht (mehr) automatisch so, dass wir automatisch verdonnert werden, und das ist gut so.

Deshalb habe ich unterschrieben.