Wie ein Dogma zum Phlegma verkam.
Vom Stillstand zur Erneuerung.

 

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Andere Länder, andere Farben: Feuerwehrfahrzeug aus der Schweiz.

Als ich vor fast acht Jahren beim Feuerwehr Weblog (v.01) zu schreiben begann, griff ich in einem meiner ersten Artikel den Aspekt „Farben der Feuerwehr“ auf (Gelb und Yelp: gelbe Feuerwehrfahrzeuge). Nicht allerorten auf dem Globus ist Rot die Standardfarbe der Feuerwehr, wie ich damals konstatierte. Die Farbe Rot stand für mich zu jener Zeit nicht zur Disposition. Die Feuerwehrfahrzeuge waren seit den 1950er Jahren endgültig rot und das hatte auch so zu bleiben. Rot, die Farbe des Feuers. Rot, die Farbe der Warnung. Rot, die Farbe der Gefahr.

Modische Fantasien wie gelbe Konturmarkierungen oder, noch schlimmer, Flächen füllende gelbe Lackierungen, verbannte ich in das Reich des Undenkbaren, als Ausgeburt durchgedrehter Marketingstrategen, als Versuch den Charakter der Feuerwehr zu umzuwandeln. Obgleich ich der Farbe Gelb eine bessere Sichtbarkeit zugestehen musste, blieb ich bezüglich der Farbfrage konservativ – Rot. Punkt. Aus. Basta.

Und jetzt, acht Jahren später? Man wird älter, Interessen und Ansichten verändern sich. Inzwischen ist es mir egal, ob Feuerwehrfahrzeuge rot-weiß, rot-gelb, rot-weiß-gelb oder meinetwegen lemongrün oder lila sind. Gelb ist mittlerweile fester Bestandteil der Fahrzeugmarkierungen und ich hätte unterdessen kein Problem mit vollständig (neon-)gelben Feuerwehrfahrzeugen.

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Gelb als dominantes Gestaltungsmittel bei der Feuerwehr Ratingen.

Woher kommt’s? Nun ja, es gibt Stoffe, die erst eine Weile benötigen, um sich mental festzusetzen. Ergänzend tritt so etwas wie Gewöhnung ein, wenn einem die Farbe Gelb von immer mehr Einsatzfahrzeugen entgegen springt. Vielleicht ist die Gleichgültigkeit hinsichtlich der Farbfrage auch der unterbewusste Wunsch nach einer tief greifenden Veränderung, dem Aufbrechen verkrusteter und oxidierter Strukturen innerhalb der Organisation Feuerwehr.

Der Wechsel vom dynamischen, aggressiven und räumlich einengenden Rot hin zum vitalen, gelassenen und gute Laune vermittelnden Gelb, könnte ein Hinweis auf eben diesen unterbewussten Gedanken sein. Während Rot vor der Gefahr warnt, löst Gelb heitere Stimmung aus, also Stress (rot) auf der einen Seite und Entspannung (gelb) auf der anderen Seite.

Während rot für Dinge wie Macht, Eroberung, Furchtlosigkeit, Kraft, Durchhaltevermögen, Selbstständigkeit steht, Aspekte, die für das Feuerwehrdasein nicht unbedingt negativ sind, vermittelt Gelb Geist, Intellekt, Grenzenlosigkeit, Heiterkeit, Freude, Freundlichkeit, Entfaltung, Unternehmungslust, Prinzipien, die ich in der Organisation Feuerwehr zusehends vermisse.

In Zeiten wie diesen, geprägt durch den demografischen Wandel, pauschale Sparzwänge, sich wandelndem ehrenamtlichen Engagement, stelle ich sowohl innerhalb der Feuerwehr, als auch von außerhalb des Systems Feuerwehr kommend, einen aggressiven, auf die sture Einhaltung von Vorschriften ausgerichteten und streng auf die Hierarchie achtenden Tenor fest, der den Menschen, der sich hier engagiert, als für die Funktionsweise des Systems Feuerwehr nicht relevant betrachtet. Kommunikation findet in eine Richtung statt, von oben nach unten. Keine Diskussion, keine Begründung. Ich habe gesprochen. Punkt. Damit habe ich ein Problem. Nicht dass ich aus der Feuerwehr eine Quatsch- und Diskussionsbude machen möchte, das liegt mir fern, aber der Mensch, nicht nur der, dem wir helfen, sondern der, der anderen hilft, sollte im Mittelpunkt der Organisation stehen. Freiwilliges Engagement in der Feuerwehr ist kein Selbstläufer, keine Naturkonstante, kein ontologisches Dogma, dieses Engagement fordert Anerkennung von innen, wie von außen, bedarf Strukturen, die es selbst begünstigen, verlangt Kommunikation, die zeigt, wo es lang geht, warum dieser Weg gewählt wird und wie Ziele zu erreichen sind. Das sind Anliegen, die ich vor acht Jahren in dieser Form nicht verspürt habe, die mir aber immer wichtiger werden. Es liegt wohl am Alter und schwindenden, früher durch die Feuerwehr gebundenen Ressourcen, die meinen Sinneswandel bedingten und einen nachhaltigen Wunsch nach radikaler Veränderung hervorrufen.

amarak04

Warum nicht auch gelb-weiß, so wie an einem Konzeptfahrzeug von @fire.