Atemschutzgeräteträger beim Vorgehen in Brandraum

Atemschutz gehört zu den anstrengenden Tätigkeiten im Feuerwehrdienst. Deshalb müssen die Feuerwehrleute gesund und fit sein.

Der Funkwecker reist euch aus dem Schlaf, automatisch richtet ihr euch in eurem Bett auf, springt auf den Fußboden, hastet zu eurer Garderobe, zieht euch an, während die Durchsage in eurem Funkalarmempfänger Art der Alarmierung, Ort und weitere Einsatzhinweise durchgibt. Der Puls geht mit dem ersten Ertönen der Fünftonfolge nach oben und die Einsatzmeldung pumpt Adrenalin in euren Körper. Treppe runter, auf dem Rad oder auf den Sohlen zum Feuerwehrhaus, dort angekommen, rüstet ihr euch an eurem Spind aus, greift Helm, Koppel und Jacke und stürzt auf das Fahrzeug. Geschafft, ihr sitzt auf dem Platz eines Atemschutzgeräteträgers, ihr ward ein Ticken schneller als der Kamerad hinter euch. Tja, der schnellere ist der bessere, denkt ihr. Motor an, Fanfaren an, raus aus dem Stall, ab ins Einsatzgetümmel. Hirn dabei?

Bis hierher blieb eine Sache unerwähnt, eine Frage, die ihr euch beim Ertönen der Alarmierung hättet stellen müssen. Ein Thema, das eure Gesundheit betrifft oder, auf die Spitze getrieben, das Überleben eures Kameraden im Einsatz bedeutet: „Bin ich im Augenblick einsatztauglich?“ Und damit meine ich keineswegs allein die Tauglichkeit zum Atemschutz, denn ebenso Fahrzeuglenker und Führungskräfte und alle anderen müssen sich diese Frage immer wieder stellen, Stichworte sind Alkohol, Medikamente, Krankheit…

Sich diese Problematik zu stellen, bedeutet Eigenverantwortung wahrzunehmen, ja sie im praktischen Sinne zu begreifen. Verantwortung hat neben einem normativen, zugleich einen moralischen Charakter. Letztere bedeutet, den Geist der Aufgabe zu erfassen und zu erfüllen, die sich in einer Situation der Verantwortung stellt. Das Erfassen dieses Esprits meint nichts anders als seine eigene Tauglichkeit in einer (Stress-)Situation zu erkennen und daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Gerade Atemschutzgeräteträger sind durch die FwDv 7 angehalten, Eigenverantwortung zu gewahren. Das beginnt mit den in Paragraf 3 genannten Anforderungen, in der steht, dass Atemschutzgeräteträger „wenn sie selbst vermuten, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein,“ die arbeitsmedizinische Untersuchung nach G26.3 erneut ablegen müssen. Ergänzen lässt sich dies mit dem Ruhenlassen der Aufgabe, bis die nächste, reguläre Untersuchung ansteht. Aber, die G26 am Tag X bleibt nicht für drei Jahre in Stein gemeißelt. Gesundheit ist dynamisch und verändert sich von Tag zu Tag. Gerade diese Dynamik verkennen viele Kameraden. Die FwDv 7 fordert deshalb aktiv zum Perzipieren der moralischen Konnotation der Eigenverantwortung auf. Dies muss spätestens beim Ertönen der Fünftonfolge passieren. Wenn dies vorher geschieht, umso besser.

Die Eigenverantwortung setzt sich in der FwDv 7 weiterhin in Paragraf 7 fort, ist sogar das erste Prinzip in der Aufzählung: „Jeder Atemschutzgeräteträger ist für seine Sicherheit eigenverantwortlich“. Ein Einsatz beginnt indes mit der Alarmierung, sodass Einsatzgrundsätze und Atemschutzvoraussetzungen einen Kreis bilden, in dem aufs Neue die Frage nach der (Eigen-)Verantwortung mit der Selbstfeststellung der gegenwärtigen Tauglichkeit aufwächst.

Das Eingeständnis nicht mehr Atemschutz tragen zu können, kommt einem Feuerwehrmann dem Verlust der Potenz auffällig nahe, weshalb viele diese Eigenbeichte verbannen und damit unter Umständen sich selbst und andere gefährden. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zu Besserung und der bessere Weg, als wenn die Aufforderung dazu von außen kommt.

„Fühlt sich die Einsatzkraft zum Tragen von Atemschutz nicht in der Lage, muss sie dies der zuständigen Führungskraft mitteilen“, heißt es in Paragraf 4 der FwDv 7 – für den Feuerwehrmann ein Gang nach Canossa. Schlimm genug, selber zu wissen, die Voraussetzungen nicht zu erfüllen, muss man seine beschnittene Potenz zudem kundtun. Und noch ein Grund, besser nichts von seinen eigenen gesundheitlichen Bedenken verlauten zu lassen, um in der testosterongeprägten Umgebung nicht als Schwächling dazustehen.

In diesem Sinne: wenn das nächste Mal der Piepser auslöst, seit ehrlich zu euch selbst!